Gezerre um Ibiza-Video: ÖVP attackiert WKStA, Grüne verteidigen Behörde

NATIONALRAT: GERSTL
Justizministerin Zadic will das aufbereitete Video dem U-Ausschuss "so schnell wie möglich" zur Verfügung stellen. Innenministerium will der Justiz zu diesem Zweck einen "Zwischenbericht" übermitteln.

Der ÖVP-Fraktionschef im Ibiza-Ausschuss, Wolfgang Gerstl, hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Montag scharf attackiert. Gerstl erklärte in einer Aussendung, dass Revierkämpfe zwischen WKStA und Staatsanwaltschaft Wien die Lieferung des Ibiza-Videos ans Parlament verzögert hätten.

Näher erläutert hat Gerstl diesen Vorwurf nicht. Er findet allerdings harte Worte für die Anklagebehörde: „Nach dem völlig unprofessionellen Handeln der WKStA bei der BVT-Razzia und den Eurofighter-Ermittlungen, wäre die Ibiza-Causa der nächste große Fehlschlag einer Behörde, die sich keine Fehler erlauben darf." Gerstl ortet nicht nur in der Aufstellung der WKStA "Reformbedarf", sondern auch im aktuell vom Koalitionspartner geführten Justizministerium.

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) nahm die Staatsanwaltschaft diesbezüglich in Schutz: "Ich verstehe nicht, warum die WKStA dafür zuständig sein soll, das Video dem Untersuchungsausschuss vorzulegen. Zuständig ist die Oberstaatsanwaltschaft und das Video ist weder bei der Staatsanwaltschaft Wien noch bei der WKStA."

Grüne empört über "zusammenhanglose Vorwürfe" der ÖVP

Auch der grüne Parlamentsklub weist die Attacke der ÖVP auf die WKStA zurück. "Die völlig zusammenhanglosen Vorwürfe gegen die WKStA entbehren jeder Grundlage und fügen sich nahtlos in eine Reihe früherer Versuche ein, die Behörde als solche zu diskreditieren und zu schwächen", so Justizsprecherin Agnes Sirkka Prammer in einer Aussendung: Wer saubere Politik wolle, müsse die Behörden frei arbeiten lassen.

Die ÖVP hat die WKStA schon seit Längerem im Visier. Anfang Februar wurde bekannt, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in einem Hintergrundgespräch vor zahlreichen Journalisten die WKStA sinngemäß als Netzwerk roter Staatsanwälte bezeichnet hatte.

Innenministerium will Video als "Zwischenbericht" weiterleiten

Das Innenministerium überlegt nun, einen "Zwischenbericht" mit dem Rohmaterial des Ibiza-Videos an die Staatsanwaltschaft Wien zu übermitteln. Damit könnte das Justizministerium die Aufnahmen an den U-Ausschuss weiterleiten, sagte Generalsekretär Helmut Tomac der APA am Montag.

Zwischen Innen- und Justizressort ist am Wochenende ein Streit darüber entbrannt, wer denn nun für die Übermittlung des Videomaterials an den Untersuchungsausschuss zuständig ist. Dort wollen die Abgeordneten die Aufnahmen möglichst noch vor Beginn der Zeugenbefragungen am Donnerstag sehen. Das ÖVP-geführte Innenministerium sieht dabei die Justiz in der Pflicht, weil die laut Verfahrensordnung für die Weiterleitung von Ermittlungsakten zuständig ist. Justizministerin Alma Zadic (Grüne) verwies allerdings darauf, dass das Material derzeit noch im Bundeskriminalamt ausgewertet wird. Um die Übermittlung ans Parlament überhaupt erst zu ermöglichen, müsse die Polizei die Aufnahmen daher erst einmal an die Staatsanwaltschaft schicken. Dann wolle man es aber "so schnell wie möglich" dem Untersuchungsausschuss übermitteln. 

Für die Übermittlung an die Justiz wäre allerdings laut dem Innenministerium eine Anweisung der Staatsanwaltschaft Wien nötig gewesen, die bisher aber nicht erfolgt sei. Der Generalsekretär im Innenministerium, Helmut Tomac überlegt daher nun, einen "Zwischenbericht" mit dem Rohmaterial des Videos vorzulegen, um der Justiz die Weiterleitung ans Parlament zu ermöglichen. Mit welcher Geheimhaltungsstufe das Material ans Parlament gehen soll, will Tomac nicht sagen: "Ich will keine Empfehlung aussprechen, das muss die Justiz beurteilen."

Auswertung dauert noch eineinhalb Wochen

Die von der Staatsanwaltschaft Wien sowie der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) angeforderte Auswertung des Videomaterials durch das Bundeskriminalamt wird laut Tomac zumindest noch eineinhalb Wochen dauern. Dies wegen der schlechten Audioqualität des Videos und weil Übersetzungsarbeiten nötig seien. Ob es vor Abschluss dieser Arbeiten einen Zwischenbericht geben kann, wird laut Tomac nun geprüft. Sollte es diesen Bericht geben, dann werde er jedenfalls "so schnell wie möglich" erfolgen.

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