Causa Schilling: Grüner Gegenangriff endet in einem PR-Desaster
Schwere Vorwürfe gegen die politischen Gegner, die nur wenige Stunden wieder kleinlaut zurückgenommen werden mussten – mit ihrem Krisenmanagement in der Causa Lena Schilling sorgten die Grünen am Mittwoch einmal mehr für Kopfschütteln. Von einem „Knieschuss, der nicht passieren darf“, spricht etwa Politik-Berater Thomas Hofer gegenüber dem KURIER.
Was war geschehen? Nachdem am Dienstag im Standard neue Vorwürfe gegen die bereits angeschlagene Spitzenkandidatin der Grünen für die EU-Wahl bekannt wurden, riefen die Grünen am Mittwoch kurzfristig zu einer Pressekonferenz, um der 23-Jährigen abermals die Mauer zu machen.
Wie berichtet soll Schilling gegenüber Vertrauten Überlegungen gewälzt haben, gleich nach der Wahl zur Linksfraktion im EU-Parlament überzulaufen.
Hasst Schilling die Grünen?
Zudem soll sie im Vorfeld ihrer Kandidatur der (damals noch mit ihr befreundeten) Aktivistin Veronika Bohrn-Mena geschrieben haben, dass sie ihr Leben lang „niemanden so sehr gehasst“ habe wie die Grünen.
Für die grüne Generalsekretärin Olga Voglauer sei dies der „nächste niederste Auswuchs“. Sie spricht – sichtlich emotionalisiert - von einer „menschenverachtenden Hetze“, mit dem Ziel, „eine junge engagierte Frau fertigzumachen“.
Und klarer denn je nennt Voglauer die Akteure, die sie hinter den nun schon seit zwei Wochen andauernden Angriffen vermutet. Schilling habe sich als Klima-Aktivistin im Umfeld der Sozialdemokratie und den Kommunisten bewegt. „Dass sie dann zu den Grünen gegangen ist, nimmt man ihr schlimmstens übel.“
"Silberstein-Methoden"
Die verbreiteten Gerüchte kämen allesamt von Personen aus Kreisen mitten in der SPÖ und KPÖ, so die Parteimanagerin. Sie spricht im Zusammenhang mit der SPÖ von „Silberstein-Methoden“ und ortet vor allem enge Verbindungen des Aktivisten-Ehepaars Bohrn Mena mit der SPÖ. Dieses hatte vor Gericht bewirkt, dass Schilling nicht mehr falsche Behauptungen zu häuslicher Gewalt verbreiten darf – der Ausgangspunkt der gesamten Causa.
Gleichzeitig, so Voglauer, sei Veronika Bohrn Mena SPÖ-Mitglied, ihr Ehemann Sebastian sei in der SPÖ in Wien-Penzing aktiv gewesen, welche auch die Heimat von EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder ist.
Vorwürfe, die offensichtlich selbst in den eigenen Reihen nicht gut ankamen. Denn nur wenige Stunden später nahm sie Voglauer via X zurück. „Ich habe keinen Grund an der Redlichkeit von Andreas Schieder zu zweifeln und darum habe ich mich auch persönlich bei ihm entschuldigt. Weiters bedauere ich, dass ich in diesem Zusammenhang von ,Silberstein-Methoden‘ gesprochen habe. Ich hätte mir der Konnotation bewusst sein müssen.“
Zur Erklärung: Der Begriff bezieht sich auf unlautere Wahlkampf-Methoden, die 2017 unter der Ägide des Beraters Tal Silberstein bei der SPÖ zur Anwendung kamen. Mitunter wurde der Begriff mit einem antisemitischen Unterton verwendet.
SPÖ prüft Klage gegen Grünen
Von „inakzeptablen Verschwörungstheorien“ und einer „zunehmend grotesken Debatte“, spricht SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim. Parteichef Andreas Babler bestreitet Verbindungen zwischen der SPÖ und Schilling, laut einer Sprecherin prüfe die SPÖ sogar rechtliche Schritte. Sie betont auch, dass Veronika Bohrn Mena kein Parteimitglied sei. Bei der KPÖ wollte man die Vorwürfe nicht kommentieren.
„Wenn das eigene Vorgehen ausschließlich von Emotionen getragen werden, passieren solche Dinge“, analysiert Politikberater Hofer Voglauers Auftritt. Mit ihren Angriffen hätten die Grünen in Kauf genommen, dass die leidige Causa nur immer weiter prolongiert werde.
Schilling wird eine Grüne
Durch Voglauers ungelenken Angriffen sei die zweite Botschaft völlig untergegangen. Die wesentlich gefasster auftretende Lena Schilling kündigte an, den Grünen beizutreten. „Mit dieser symbolischen Geste signalisiert sie der grünen Basis nach den jüngsten Vorwürfen: ,Ich bin eine von euch‘“, so Hofer.
Zu den Vorwürfen, sie hasse die Grünen, sagt Schilling: „Der Chat stammt aus einer Zeit, in der ich über die Kandidatur für die Grünen nachgedacht habe“, verteidigt sich Schilling. Sie sei in einem linken Umfeld sozialisiert geworden, in dem viele die Grünen ablehnen würden. „Auch ich war ihnen kritisch gegenüber. Ich in hart mit ihnen ins Gericht gegangen, weil ich viel von ihnen erwarte. Aber wenn man es mit dem Klimaschutz ernst nimmt, dann macht man es mit den Grünen.“
Dass sie zur Linksfraktion wechseln wolle, sei „Bullshit“. Allein schon wegen der unterschiedlichen Ansichten zu den Kriegen in der Ukraine und im Nahen Osten. Sie kündigt an: „Wir werden kämpfen wie die Löwinnen.“
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