Landbauer legt alle politischen Funktionen zurück

Udo Landbauer
Landbauer will "Familie aus der Schusslinie" nehmen. Mitgliedschaft in der FPÖ wurde ruhend gestellt. Statt Landbauer zieht Gottfried Waldhäusl in die Landesregierung ein. Schnedlitz übernimmt vorerst FPÖ Wiener Neustadt.

Udo Landbauer (FPÖ) hat am Donnerstagnachmittag bekanntgegeben, dass er alle politischen Funktionen zurücklegt. Er werde nicht nur sein am vergangenen Sonntag erreichtes Landtagsmandat nicht annehmen, sondern auch als Stadtrat in Wiener Neustadt gehen. Der Schritt erfolgt im Zusammenhang mit der NS-Liedgut-Affäre bei der Burschenschaft Germania, der Landbauer angehört hat.

Seine Mitgliedschaft in der FPÖ hat der 31-Jährige ruhend gestellt. Selbiges tat er zuvor schon bei der Burschenschaft. Landbauer trat nach seinem Statement am Donnerstagnachmittag einen Urlaub an.

Schnedlitz übernimmt FPÖ Wiener Neustadt

Die FPÖ Wiener Neustadt Stadt hat noch am Donnerstag auf den Rückzug von Udo Landbauer auch aus der Kommunalpolitik reagiert. Bürgermeister-Stellvertreter und Sozialstadtrat Michael Schnedlitz wurde als geschäftsführender Obmann eingesetzt. "Er ist kein Burschenschafter", teilte die Stadtpartei in einer Aussendung mit.

"Belagerungszustand"

Udo Landbauer berichtete in seinem Statement im FPÖ-Landtagsklub in St. Pölten von einem "Belagerungszustand" seines Hauses in Wiener Neustadt. Das alles sei seinem Umfeld nicht mehr zuzumuten. Mit dem Rückzug aus der Politik "nehme ich vor allem meine Familie aus der Schusslinie".

Er habe zwei Wochen lang versucht, sämtliche Vorwürfe - im Zusammenhang mit dem Liederbuch der Germania - zu entkräften, sagte der 31-Jährige. Er sei jedoch einer "Medienhatz" ausgeliefert gewesen. Somit ziehe er die Konsequenz, "die sich über alle politischen Funktionen erstreckt". Auch Medienvertreter müssten sich die Frage stellen, wie weit man sich an Fakten orientiere, betonte Landbauer.

Die FPÖ wird den bisherigen Klubobmann Gottfried Waldhäusl in die Landesregierung entsenden. Diese "richtige Entscheidung im Sinne Niederösterreichs" sei ihr am Donnerstagvormittag von der freiheitlichen Landesspitze mitgeteilt worden, sagte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) nach ersten Parteiengesprächen.

Sie habe schon vergangene Woche klargestellt, dass es mit ihr "keine Zusammenarbeit mit Udo Landbauer geben" werde, so Mikl-Leitner. Der Spitzenkandidat der FPÖ bei der Wahl ist in die NS-Liedgut-Affäre bei der Wiener Neustädter Burschenschaft Germania involviert. Wer dem Ruf Niederösterreichs schade, "kann für mich kein Partner sein", so die Landeshauptfrau. Die Entscheidung der FPÖ "begrüße" sie. Damit könnten auch mit den Freiheitlichen Gespräche über ein mögliches Arbeitsübereinkommen aufgenommen werden.

>> Kommentar von Martina Salomon: "Ein richtiger Schritt"

Kurz: "Richtige Konsequenz"

Bundeskanzler Sebastian Kurz begrüßt den Rücktritt Landbauers: "Ich anerkenne die Entscheidung von Vizekanzler Heinz Christian Strache und der FPÖ. Mit seinem Rückzug aus allen politischen Funktionen zieht Udo Landbauer die richtigen Konsequenzen", sagte Kurz.

Darüber hinaus würden die Ermittlungen fortgeführt und "jeder, der sich etwas zuschulden hat kommen lassen, ist mit der vollen Härte des NS-Verbotsgesetzes zu bestrafen", bekräftigte Kurz in der schriftlichen Stellungnahme. Einmal mehr begrüßte der Kanzler auch, dass Strache eine Historikerkommission zur Aufarbeitung der Geschichte des Dritten Lagers angekündigt hat.

Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat Landbauer nach dessen Rücktritt Respekt gezollt. "Ich nehme die heutige Entscheidung Udo Landbauers, sein Amt als Stadtrat zurückzulegen, das Landtagsmandat nicht anzunehmen und alle FPÖ-Funktionen und seine FPÖ-Mitgliedschaft bis zur endgültigen Klärung seiner Unschuld ruhend zu melden, mit großem Respekt und menschlicher Anerkennung zur Kenntnis", sagte Strache laut einer Aussendung. Landbauer zeige mit diesem Schritt Charakter, er wolle "nach all den medialen Vorverurteilungen" Schaden von der FPÖ abhalten und seine persönliche Unschuld beweisen, so Strache. Gleichzeitig sprach er sich gegen eine "pauschale Diffamierung und Hetze gegen Couleur- und Waffenstudenten und Burschenschaften" aus.

Vilimsky lobt Landbauer als "untadeligen Politiker"

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimksy hat den Rücktritt des FPÖ-Spitzenkandidaten bei der niederösterreichischen Landtagswahl, Udo Landbauer, als einen "sehr mutigen Schritt eines untadeligen und aufrechten Politikers" gewürdigt. Dieser sei "unwissend und unschuldig Opfer einer politischen und medialen Hetze" geworden. Sobald die Vorwürfe aufgeklärt seien, stehe das Angebot "der völligen politischen Rehabilitierung".

SPÖ forderte Landbauer-Rücktritt aus allen Ämtern

Bundesgeschäftsführer Max Lercher forderte bereits am Donnerstag den Rücktritt Landbauers von allen politischen Ämtern. Dass die FPÖ statt dem Spitzenkandidaten nun den bisherigen niederösterreichischen Klubobmann Gottfried Waldhäusl in die Landesregierung entsendet, reiche nicht aus.

Lercher verwies auch auf einen Bericht der "ZiB 2" des ORF vom Mittwochabend, die von einem "Insider" aus Landbauers Burschenschaft Germania berichtet hatte. Dieser erzählte davon, dass in der Burschenschaft auch in der jüngeren Vergangenheit Lieder mit rechtsradikalem und antisemitischem Gedankengut gesungen worden seien. "Der Rücktritt und Parteiausschluss von Udo Landbauer ist damit überfällig", meint Lercher via Aussendung. Die SPÖ habe vorgezeigt, "wie man klare Konsequenzen zieht", sagte er mit Blick auf den Ausschluss eines SP-Mitgliedes, das in der Liederbuch-Causa beteiligt sein dürfte. "Jetzt ist die FPÖ gefordert."

Gleiches forderte Lercher von der FPÖ ein: "Rechtsextreme Burschenschafter" hätten in Regierungen, Kabinetten und an der Staatsspitze nichts verloren. "Die FPÖ muss sich von diesen Personen ein für allemal trennen", so die Forderung des SP-Geschäftsführers.

Auch NEOS für vollständigen Rückzug Landbauers

"Der Rückzug Landbauers ist der einzig richtige Schritt für Niederösterreich." Mit diesen Worten reagierte die Fraktionsvorsitzende von NEOS NÖ, Indra Collini, auf die Entscheidung der FPÖ, Udo Landbauer nicht in die niederösterreichische Landesregierung zu entsenden. "Dabei allein darf es aber nicht bleiben: Udo Landbauer muss von allen politischen Funktionen zurücktreten", forderte Collini.

"Dieser Stil und diese Geisteshaltung haben in Niederösterreich und vor allem in der nächsten Landesregierung keinen Platz", hielt die pinke Fraktionschefin in einer Aussendung am Donnerstag fest. Sie erneuerte zugleich die Forderung der NEOS, den Proporz in dem Bundesland abzuschaffen: "Jetzt wäre es an der Zeit, denn Niederösterreich braucht eine Regierung, die miteinander regieren will und nicht bloß miteinander regieren muss."

Wer mehr Freiheit in Niederösterreich will, müsse auch ein Interesse daran haben, dass das Land frei von Zwangs-Kooperationen regiert wird, meinte Collini: "So können wir auch in Zukunft besser verhindern, dass solches Gedankengut Einzug in die niederösterreichische Landesregierung findet."

Erste Gespräche in NÖ

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hatte am Donnerstagvormittag die SPÖ (Landesvorsitzender Franz Schnabl, designierter Klubobmann Reinhard Hundsmüller) ebenso wie die FPÖ (Landeschef Walter Rosenkranz, Klubobmann Gottfried Waldhäusl) zu ersten Gesprächen getroffen. Ihr sei "parteiübergreifende Zusammenarbeit wichtig", betonte sie.

Das Gespräch mit der SPÖ sei "sehr konstruktiv" gewesen, der "Wille zur Zusammenarbeit" da. Daher werde in weiterer Folge auch über ein mögliches Arbeitsübereinkommen gesprochen werden, so Mikl-Leitner. Ebenso "konstruktiv" sei das Gespräch mit der FPÖ verlaufen.

"Keine Partei hat ein Moralmonopol", betonte die Landeshauptfrau neuerlich. "Das haben auch die Vorwürfe gegen nun ausgeschlossene SPÖ-Mitglieder, aber auch Einzelpersonen in unseren eigenen Reihen gezeigt. Entscheidend ist, wie man mit solchen Personen umgeht. Wir alle sind aufgefordert bei solchen schwerwiegenden Vorwürfen genau hinzusehen, alle dunklen Winkel auszuleuchten und konsequent gegen Antisemitismus vorzugehen."

Ebenfalls noch für Donnerstag hatte Mikl-Leitner die Grünen und NEOS zu Gesprächen geladen. Mit den beiden Nicht-Regierungsparteien will sie ausloten, "wie eine künftige Zusammenarbeit im NÖ Landtag stattfinden könnte".

Folgen für die Bundespolitik

Die Causa Landbauer hatte zuletzt auch zu Unstimmigkeiten in der schwarz-blauen Regierung geführt. Während Kanzler Sebastian Kurz sich für einen Rücktritt Landbauers aussprach, sah Heinz Christian Strache keine "rote Linie" überschritten. Und auch rund um die zu bestellenden Uni-Räten gab es Diskussionen, weil die ÖVP Kandidaten, die ihrer Meinung nach rechtsextrem sind, ablehnt.

Waldhäusl statt Landbauer für FPÖ in NÖ Landesregierung

Am Ende war es keine Überraschung mehr: Gottfried Waldhäusl wird statt des in die NS-Liedgut-Affäre involvierten Udo Landbauer als Regierungsmitglied in St. Pölten angelobt werden. Der 52-jährige Politik-Routinier war zwei Jahrzehnte lang im Landtag, ab 2008 war er Klubobmann für die niederösterreichische FPÖ.

Zunächst hatte er den – eigentlich vorgesehenen – Jungpolitiker Landbauer aber nicht beerben wollen. "Ich werde es nicht sein", hatte er noch am Wahlabend zur Frage gesagt, wer denn FPÖ-Landesrat werde. Zwei Tage später klang das schon anders: "Wenn es im Sinne Niederösterreichs und der Partei ist, werde ich mich nicht dagegenstellen."

"Wenn es um die Schwuchteln geht"

Auch Waldhäusl fiel in seiner Karriere allerdings schon mit mancher Entgleisung auf. 2011 nannte er in einer Landtagssitzung etwa Homosexuelle abfällig "Schwuchteln". In Richtung ÖVP meinte er zu deren Familienpolitik: "Ja, da seid ihr euch einig, wenn es um die Schwuchteln geht, aber wenn es um die Familien geht, da ist kein Geld vorhanden".

Als Mandatar war Waldhäusl auch mit politischen Gegnern nicht zimperlich und kassierte dafür immer wieder Ordnungsrufe. Wolfgang Sobotka, damals ÖVP-Landesvize, hatte er im Zusammenhang mit der Finanzierung der Landesgartenschau als "Triebtäter, dem das Handwerk gelegt gehört", bezeichnet.

"Diktator" Pröll

Für Empörung sorgte Waldhäusl auch 2004, als er den damaligen Landeshauptmann Erwin Pröll als Diktator bezeichnete. In seiner Landtagsrede sagte er damals: "Wir leben in einer Demokratie mit einer ÖVP-Diktatur." Für seinen Sager "Der Diktator erhebt sich vom Sessel" erhielt Waldhäusl einen Ordnungsruf, sogar die Sitzung wurde unterbrochen.

Milde ließ Waldhäusl dagegen bei seinem jungen Parteikollegen Andreas Bors walten. Der Tullner FPÖ-Bezirksobmann hatte auf einem Foto bei der Silvesterfeier 2006/2007 mit Hitlergruß posiert – Bors' eigentlich geplanter Einzug in den Bundesrat im vergangenen Herbst kam nach der Veröffentlichung des alten Fotos nicht zustande. Waldhäusl nannte Bors' Aktion eine "Dummheit in der Jugend, was immer es auch war", und sagte, die Angelegenheit sei nach Einstellung der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft für die FPÖ erledigt gewesen.

Rückenwind aus Waldviertel

Im Brotberuf ist Waldhäusl Landwirt. Schon im Alter von 20 Jahren übernahm er den elterlichen Betrieb im Waldviertel. Seit 1993 ist er Bezirksparteiobmann in Waidhofen an der Thaya, wo die FPÖ am vergangenen Wahlsonntag mit einem Plus von knapp zehn Prozent auf 20,35 Prozent sogar die SPÖ auf Platz drei verdrängte.

Bevor Waldhäusl in den Landtag kam, war er für die FPÖ bereits Bundesrat gewesen. Seit 2015 ist er auch Vizebürgermeister in Waidhofen a.d. Thaya. Diese Funktion darf der 52-Jährige auch als Landesrat weiter ausüben. Verboten ist Regierungsmitgliedern in Niederösterreich nur das Bürgermeisteramt.

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Gottfried Waldhäusl

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