Bei der ersten Elefantenrunde am Mittwoch im ORF schoss sich die grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein auf Blümel ein: Sie warf dem türkisen Minister „Phrasendrescherei“ bei der Mindestsicherung vor und rügte ihn für die Weigerung, wenigstens 100 Flüchtlingskinder aus dem brennenden Moria in Österreich aufzunehmen.
Gewessler gegen Blümel
Schon zum Wochenauftakt hatte es eine Attacke der Grünen gegen Blümel gesetzt. Infrastrukturministerin Leonore Gewessler warf dem Finanzminister vor, im Kampf gegen Plastikmüll auf untaugliche Mittel zu setzen.
Beim Müll lässt sich die ÖVP von ihrem Koalitionspartner in keinen Konflikt verwickeln, sie wirft aber ihrerseits das Flüchtlingsthema in die Wahlkampf-Arena. Von Außenminister Alexander Schallenberg abwärts wird mit teils deftigen Worten („Das Geschrei nach Verteilung der Flüchtlinge“) um FPÖ-Wähler gebuhlt.
Grüne unter Druck
Mit dem strammen Rechts-Kurs in der Flüchtlingsfrage bringt die ÖVP die Grünen unter Druck. Denn diese stehen in Wien in unmittelbarem Konkurrenzkampf mit SPÖ und Neos, die sich beide für die Rettung von Kindern aus dem abgebrannten Lager Moria einsetzen. Die Grünen, grundsätzlich auch für die Aufnahme von Flüchtlingen, sind aber an ihren Bundeskoalitionspartner gebunden. „Wir sind mit der ÖVP laufend im Gespräch und werden den Druck weiter aufbauen“, beeilt sich die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, zu beteuern.
Attacke auf "zynische" ÖVP
In der Zib2 am Donnerstag legte Klubchefin Sigrid Maurer nach und meinte, solch "zynische" Aussagen seien eines Außenministers "nicht würdig", sie sei darüber "erschrocken". Wie Hebein kritisierte auch Maurer den Auftritt des Finanzministers und nannte Blümel als "von der FPÖ kaum noch zu unterscheiden".
Parteichef Werner Kogler höchstselbst rückte im Standard aus und forderte von der ÖVP "mehr Menschlichkeit, weniger Zynismus".
Die Bischofskonferenz und Bundespräsident Alexander Van der Bellen machen ebenfalls Druck, Kinder aus Moria aufzunehmen. Und auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, im Wahlkampf peinlich darauf bedacht, jede Polarisierung zu vermeiden, bezieht in der Flüchtlingsfrage Position: Er ist für die „zeitlich begrenzte“ Aufnahme von Kindern.
Hoher Bundeswahl-Level
Bei der Deutung des Wiener Wahlresultats am 11. Oktober wird die Bundespolitik ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Bleiben die Wiener Grünen deutlich hinter jenen 21 Prozent zurück, die Bundesparteichef Werner Kogler bei der Nationalratswahl 2019 in Wien erreichte, dürfte eine Kursdebatte losgehen: Ist die Koalition mit der ÖVP im Bund daran schuld? Oder ist es vielmehr Hebeins pointiert links-grüner Stammwählerkurs, der das Wachstum in Wien bremst?
Grüne bauen ab
Tatsache ist jedenfalls, dass die Grünen seit März in den Wien-Umfragen eher abbauen als zulegen. Lagen sie im März bei 18 bis 19 Prozent, sind sie in aktuellen Umfragen auf 15 bis 16 Prozent gesunken. Das grüne Bundesteam wird ab nun verstärkt im Wien-Wahlkampf mitmischen, beim Wahlauftakt am Samstag stehen Kogler und Gesundheitsminister Rudolf Anschober auf der Rednerliste.
SPÖ versteckt Rendi-Wagner
Im Gegensatz zu Türkis und Grün versteckt die SPÖ ihre Bundespartei. Pamela Rendi-Wagner war beim Wahlauftakt zwar anwesend, reden durfte sie aber nicht.
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