Kurz-Leaks: Was wir wissen und nicht wissen

Nach der Veröffentlichung neuer mutmaßlicher Dokumente zu Kurz' Machtübernahme agiert die ÖVP bislang defensiv.

Immer wieder war in den vergangenen Wochen von Dokumenten zu lesen, die mutmaßlich aus der ÖVP stammen und die Machtübernahme von Sebastian Kurz zum Thema haben. Wir haben für Sie alle wichtigen Infos zusammengesammelt:

Was wir wissen:

  • Die Dokumente geistern seit Wochen in verschiedensten Ausführungen durch die Medien - auch der KURIER konnte sie einsehen.
  • Ende August präsentierte auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache das „Projekt Ballhausplatz“ (so der Name eines der geleakten Dokumente), damals sagte Kurz-Sprecher Gerald Fleischmann: "Wir kennen das Dokument nicht. Wir wissen nicht, wer außerhalb - in guter oder böser Absicht - Papiere schreibt."
  • Es handelt sich bei den Dokumenten um Strategiepapiere, die die Machtübernahme von Sebastian Kurz in der ÖVP und Wahlkampstrategien skizzieren. Die ÖVP meldet in Person von Gerald Fleischmann nun „erhebliche Zweifel“ an der Echtheit der Dokumente an.
  • Freilich wurden viele in den Papieren erwähnten Punkte – etwa: freie Hand bei der Listenerstellung – genau so umgesetzt.
  • Was der Falter gestern Abend veröffentlichte, ist das bislang umfangreichste Konvolut an Dokumenten – sie sind auf falter.at zum Download zur Verfügung gestellt.
  • Die relevanteste Enthüllung aus diesen Dokumenten: Es tauchen in der Überarbeitungshistorie die Namen dreier enger Mitarbeiter von Sebastian Kurz aus dem Außenministerium auf.
  • Das ist deshalb problematisch, weil es nicht nur nahelegt, dass das Dokument – entgegen bisherigen Aussagen von Pressesprecher Fleischmann – nicht nur bekannt war, sondern auch von Kurz‘ engstem Kreis (mit)erstellt wurde, sondern auch, weil diese Mitarbeiter im Außenministerium angestellt waren, also vom Staat entlohnt wurden, nicht von der ÖVP.
  • Politikwissenschaftler Hubert Sickinger nennt letzteres im Falter „unzulässig“ im Sinne des Parteiengesetzes.
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    screenshot
    kurzleaks.JPG

Was wir nicht wissen:

  • Ob die Dokumente den unterschiedlichen Medien von derselben Quelle zugespielt wurden (aufgrund des Quellenschutzes werden wir das vermutlich auch nicht erfahren).
  • Wer die Papiere tatsächlich erstellt und beauftragt hat.
  • Ob die in den Dokumenten genannten potenziellen Kandidaten (etwa Vera Russwurm) und Spender aktiv angesprochen wurden.
  • Ob die verschiedenen Papiere ein Konvolut sind oder von verschiedenen Personen zu verschiedenen Zeitpunkten verfasst wurden.
  • Inwieweit Kurz-Pressesprecher Gerald Fleischmann von dem Papier wusste oder in seine Erstellung involviert war - er wird jedenfalls in den Papieren genannt, unter anderem ist er da für die Aufgabe des "Inseratenmanagements" genannt - für einen Pressesprecher eine problematische Aufgabe.

Wir haben Gerald Fleischmann zu allen offenen Punkten Fragen geschickt und harren ihrer Beantwortung.

Update: Wir haben Gerald Fleischmann kontaktiert, er möchte zu den gestellten Fragen keine Antworten geben.

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