Kurz im U-Ausschuss: Viele offene Fragen bei Grünen und Neos
U-Ausschuss-Finale: Eine Frage des Respekts
Hass ist ein großes Wort. Doch für den Kanzler erscheint es passend, zumindest an diesem Tag. Sebastian Kurz ist zum zweiten Mal in den Ibiza-Untersuchungsausschuss geladen. Und noch ehe die Befragung begonnen hat, wird der ÖVP-Chef zwei Dinge los. Das eine ist eine Beschwerde, das andere ein Vorschlag.
Die Beschwerde? Sie besteht darin, dass die Atmosphäre im U-Ausschuss von „Hass und Ablehnung“ geprägt ist. Und zwar so, dass sich er, Kurz, „Sorgen um die politische Kultur“ macht.
Der Vorschlag, den der Kanzler mitbringt, hat direkt damit zu tun: Kurz findet, der U-Ausschuss müsse reformiert werden. Die Details liegen natürlich beim Parlament. Es sei aber wünschenswert, dass „Profis“, etwa Richter, die Befragungen vornehmen – damit die Stimmung eine andere wird.
Dass Kurz das sagt, ist wenig überraschend.
Immerhin hat ihm das Gremium ein Verfahren bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingebracht – er soll im U-Ausschuss die Unwahrheit gesagt haben, so lautet die Arbeitsthese der Ermittler.
"Müsste ein fester Trottel sein"
Kurz macht an diesem Tag manches anders als vor einem Jahr. Vor dem Kanzler liegen Papiere – der Regierungschef stellt vorab klar, dass er im Zweifel seine Aussagen aus dem Protokoll des früheren Auftritts vorlesen will. Damit aus „Nuancierungen“ in seinen Antworten später nicht Verfahren oder weitere Anzeigen erwachsen.
Davon ist man über weite Strecken aber ohnehin meist entfernt. Denn die ersten Stunden verstreichen mit dem, was FPÖ-Fraktionschef Christian Hafenecker als „Schmierenkomödie“ und „Pingpong“ bezeichnet: Die ÖVP-Fraktion wirft dem Kanzler ein Hölzel, die Antworten des ÖVP-Chefs fallen auffallend ausführlich aus.
Die Erklärung, warum man es so anlegt, ist eine simple: Insgesamt darf die Befragung nicht länger als vier Stunden dauern. Je länger eine Auskunftsperson antwortet, desto weniger Zeit bleibt für Streit mit den Oppositionsparteien. Und davon gab’s ohnehin genug.
Was die Inhalte angeht, sind die Positionen des Kanzlers klar: Niemand in seinem Umfeld habe Parteispenden gekeilt. Es sei „an Absurdität nicht zu überbieten“ wenn man glaube, dass es in der ÖVP Mitarbeiter gäbe, die Haftstrafen riskieren, damit die Partei „ein bisserl mehr Geld“ hat. „Das müsste ein fester Trottel sein“, der so etwas tue, sagt Kurz.
Wer hat angezeigt?
Die Befragung an sich wird durch Geschäftsordnungsdebatten, Stehungen und den Streit um zulässige und unzulässige Fragen weitgehend zerfleddert.
Ein Beispiel: Das Justizministerium informierte den U-Ausschuss eher kurzfristig, dass gegen den Kanzler eine anonyme Anzeige vorliege. Der Vorwurf: Kurz habe die katholische Kirche genötigt.
Von wem die Anzeige stammt, ist unklar. Die ÖVP sagt, von der SPÖ; die SPÖ hat die ÖVP im Verdacht.
Faktum ist: In den veröffentlichten Chats von Ex-ÖBAG-Boss Schmid findet sich ein Dialog mit dem Kanzler, in dem sich beide über ein Treffen zwischen Schmid und Peter Schipka von der Bischofskonferenz unterhalten. Mit der Anzeige hat der Kanzler formal einen Grund, sich zum Chat nicht äußern zu müssen – er könnte sich selbst belasten. Für die Oppositionsparteien ist das ein Witz, für die Kanzlerfraktion eine Frage der Menschenrechte.
Das ändert aber nichts an der Lage. Und vor allem ändert es nichts daran, dass Grüne und Neos keine einzige Frage stellen konnten – die Zeit hat diesmal einfach nicht gereicht.
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