Kurz dreht die Corona-Ampel de facto ab
Nur elf Tage nachdem sie aus der Taufe gehoben wurde, ist sie quasi auch schon wieder Geschichte. Auf Österreichisch gesagt: Das Projekt Corona-Ampel wurde „versemmelt“.
Eigentlich war Bundeskanzler Sebastian Kurz mit Heeresministerin Klaudia Tanner in die Kaserne nach Felixdorf (Niederösterreich) gekommen, um das Lager für medizinische Schutzausrüstung zu präsentieren.
Doch dass mittlerweile 2,6 Millionen Stück Atemschutzmasken, 44,4 Millionen OP-Mundschutzmasken, 1,7 Millionen Untersuchungshandschuhe sowie 991.000 Covid-19-Schnelltest eingelagert sind, geriet fast zur Nebensache.
Denn Kurz zog nach dem Gerangel und dem Chaos, welche Städte und Bezirke auf Gelb bzw. Orange gestellt werden und welche Maßnahmen daran gekoppelt sind, die Reißleine.
Mit seiner Klarstellung drehte der Kanzler die Corona-Ampel quasi kurzerhand ab: „Das eine sind Ampelschaltungen, das andere sind Entscheidungen. Die Ampelschaltung ist gut, um zu sehen, in welchen Gebieten die Lage angespannt ist. Die Entscheidung, welche Maßnahmen getroffen werden, macht laufend die Bundesregierung.“
Kanzler Kurz: „Es ist gut, dass die Ampel Signalwirkung hat“
Symbolinstrument
Konkret bedeutet das: Die Corona-Kommission gibt nur noch Empfehlungen ab, die Ampel dient nur noch als Symbolinstrument und zur Orientierung, wo Corona-Hotspots sind.
Aber war die ursprüngliche Idee der Corona-Ampel nicht umgekehrt gedacht? Hat das Gesundheitsministerium deswegen nicht auch einen ganzen Sommer lang am Konzept getüftelt? Das sieht man im Gesundheitsministerium anders: Es sei doch klar, dass die Kommission nur Empfehlungen abgeben kann und keine Verordnungen auf den Weg bringen.
Von der Bevölkerung wurde das Ampel-System allerdings gänzlich anders verstanden: nämlich dass mit den einzelnen Farben auch konkrete Maßnahmen verknüpft sind. So stellten am Dienstag Eltern auf Facebook verzweifelt die Frage, ob sie nun ihre Kinder in die Schule schicken sollen …
Verwirrung
Denn der ursprüngliche Ampelplan sah vor, dass bei Orange für die Oberstufe Homeschooling angesagt ist. Dazu kam es nach der Entscheidung, dass sieben Bezirke orange werden, jedoch nicht. „Die Veröffentlichung der Maßnahmen diente nur der Transparenz, was die Kommission empfehlen kann, war aber nie fix“, erklärt dazu das Büro Anschober.
Faktum ist aber: Als die Corona-Ampel präsentiert wurde, machte das Gesundheitsministerium auf der Website (corona-ampel.gv.at) die „Farbenlehre“ samt Maßnahmen öffentlich.
Wenige Tage später, als das Chaos nach den bundesweiten Verordnungen seinen Anfang nahm, waren die Ampelfarben inklusive Konsequenzen auf der Website plötzlich nicht mehr abrufbar. „Der erste Fehler bei der Konzeption der Ampel war, dass Grün eigentlich nicht Grün bedeutete. Denn Grün ist in den Köpfen der Menschen mit ‚risikolos‘ verankert. Das war in diesem Fall nicht so. Der zweite Fehler passierte bei den bundesweiten Maßnahmen. Die Regeln für die Veranstaltungen lagen dann irgendwo zwischen Gelb und Orange“, kritisiert Politberater Thomas Hofer das Vorgehen gegenüber dem KURIER.
Derzeit kann man das Ampelsystem wieder im Internet nachlesen. Allerdings nur für drei der vier Stufen – nämlich grün, gelb und orange. Inhaltlich wird das Ganze allerdings anders aufbereitet als zum Start. Nun gibt es zwei Rubriken zum Abrufen: was die Kommission empfohlen hat und was die Regierung beschlossen hat. Informationen darüber, was passiert, wenn ein Bezirk oder eine Stadt auf Rot geschalten wird, gibt es im Moment keine.
Treffen im Kanzleramt
Heute, Mittwoch, vor dem Ministerrat gibt es übrigens im Kanzleramt eine Besprechung mit den sieben orangen Bezirken. Dabei sollen nicht nur mögliche Maßnahmen besprochen werden, es geht auch um die Frage, wie schnell die Tests ablaufen und wie die Testung über die Hotline 1450 funktioniert.
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