Kriminell? Für Klimakleber wird die Luft dünner

Kriminell? Für Klimakleber wird die Luft dünner
Gegen Mitglieder der "Letzten Generation" wird wegen des Verdachts der Gründung einer kriminellen Vereinigung ermittelt. Extremismus-Experte schlägt Anpassung des Versammlungsrechts vor.

Die Forderung nach härteren Maßnahmen gegen die Klimakleber der „Letzten Generation“ waren zuletzt immer lauter geworden. Im niederösterreichischen Landtag wurde sogar mehrheitlich eine Forderung an die Bundesregierung beschlossen, bei möglichen Strafen gegen die Klimaaktivisten nachzuschärfen. Am Justizministerium allerdings ist all dies bisher abgeprallt.

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Seit einigen Tagen hat sich aber die Lage geändert – seit die Staatsanwaltschaft Wien gegen 23 Mitglieder der „Letzten Generation“ wegen des Verdachts der Gründung einer kriminellen Vereinigung vorgeht. Anlass waren Aktionen im November, bei denen sich Aktivisten mit einer Sand-Superkleber-Mischung auf der Südautobahn bei Vösendorf festbetoniert haben. Und damit kritische Infrastruktur beschädigten.

Kriminell? Für Klimakleber wird die Luft dünner

Von NGOs und einigen Anwälten kam scharfe Kritik an den Ermittlungen. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hingegen begrüßte den Schritt: „Ja, ich finde es richtig und wichtig, dass hier der Staat, die Rechtsstaatlichkeit tatsächlich ein starkes Zeichen setzt. Ich bin froh, dass hier die Justiz dieses Vorgehen so gewählt hat, weil eben diese Form des Protestes, das Ankleben auf Straßen, zu großen Problemen für die Menschen führt, die Menschen massiv belastet.“ Im Justizministerium blieb man zurückhaltend.

Studie über Klimakleber

Jetzt allerdings legt auch noch die Wiener ÖVP nach. Sie hat beim Terrorismus- und Extremismusforscher Nicolas Stockhammer von der Donau-Uni Krems eine Studie zu dieser Klimaschutzbewegung in Auftrag gegeben. Der Titel: „Klimakleben – radikaler Protest zwischen Legitimität und Illegalität?“ Dabei untersucht er auf über 70 Seiten, wie viel Extremismus in Bewegungen wie der „Letzten Generation“ steckt – immer im Vergleich mit den Klimaklebern in Deutschland, deren Einfluss auf Österreich er für entscheidend hält.

„Das Thema ist ernst zu nehmen“, sagt Stockhammer zum KURIER, auch wenn er in seiner Studie davor warnt, die Protesthandlungen pauschal als kriminell zu beurteilen. Beim Versammlungsrecht müsse aber nachgeschärft werden, so Stockhammer: „Aktuell sind in Österreich kaum Fälle von strafrechtlichen Ermittlungen gegen Klimaaktivisten bekannt. Hierzulande werden – anders als in Deutschland – Straßenblockaden in der Regel als einfache Verwaltungsdelikte behandelt und von Gerichten nicht als strafbare Nötigung eingestuft.“

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Ruf nach Zivilklagen

Warum gerade die Wiener ÖVP diese Studie erstellen hat lassen, erklärt der Parteiobmann Karl Mahrer so: Die Bundeshauptstadt sei am meisten betroffen, wenn es um Klimakleber gehe. So gab es seit Beginn dieser Aktionen 756 Festnahmen, 643 davon in Wien. Mahrer: „Was da passiert, das sind keine Bagatelldelikte mehr.“

Die Forderungen, die er aufgrund der Studie nun stellt: Bestehende gesetzliche Maßnahmen ausschöpfen und gegebenenfalls verstärken; das Einfordern der Einsatzkosten; die Unterstützung bei Zivilklagen. Sprich: Daten der Klimakleber sollten Geschädigten, die im Stau stehen, für zivilrechtliche Ersatzansprüche zur Verfügung gestellt werden. Weiters sollte man sich das Versammlungsrecht anschauen, das Strafrecht anpassen und Regeln schaffen, damit etwa die „Letzte Generation“ ihre Geldgeber transparent machen muss.

Stockhammer schlägt in seinem Bericht aber auch vor, dass der Staat mit den moderaten Kräften der „Letzten Generation“ mehr in den Dialog treten sollte.

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