Die Aussagen des Bundeskanzlers bezeichnet der Soziologe als „symptomatisch“ für die beliebige Verwendung des Begriffs in politischen Debatten: „Als Extremisten werden oftmals diejenigen politischen Gruppierungen bezeichnet, die für die jeweiligen Sprecher in ihren Positionen als nicht normal gelten.“ In diesem Fall werde der Begriff als politischer Kampfbegriff verwendet, um Gegner zu diskreditieren und ihre Forderungen zu delegitimieren, so Knopp.
Systemwandel
Christian Piska, Professor am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Uni Wien, sieht hingegen bei den Klimaaktivisten zumindest radikale Tendenzen: „Es wird gefordert, dass das System rigorose Maßnahmen zur CO2-Reduktion trifft – und wenn das System das nicht tut, dann fordern sie einen Systemwandel. Das bedeutet die Abschaffung des bestehenden politischen Systems, also der Demokratie.“
Laut Knopp will die Letzte Generation die Demokratie nicht abschaffen, sondern sogar direkt-demokratische Institutionen, wie zum Beispiel den Klimarat, einrichten und stärken. Außerdem fordere sie von der Politik, dass konkrete Gesetze erlassen werden. Deswegen hinkt für den Soziologen etwa der Vergleich mit Rechtsextremen, die eine autoritäre Staatsform anstrebten.
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Höhere Strafen
Die NÖ-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) will härtere Strafen für die „Klimakleber“. Das forderte sie im KURIER-Sommergespräch am Dienstag von der grünen Justizministerin: „Ich erwarte mir von Ministerin Alma Zadić eine klare Haltung und strengere Strafen für diese Klimakleber.“
Aus dem Justizministerium heißt es dazu, dass das Anliegen der Demonstrierenden verständlich sei und friedliche Demonstrationen verfassungsrechtlich geschützt seien. „Zudem ist in modernen Demokratien das Strafrecht immer das absolut letzte Mittel, das zum Zug kommt, um etwas zu sanktionieren.“ Und weiter: „Die Rechtsordnung kann mit dem Verwaltungs(straf-)recht hier viel zielgerichteter reagieren.“
"Strafrechtlicher Populismus"
Laut Piska gebe es auch im Verwaltungsrecht die Möglichkeit für höhere Strafen: „Man könnte auch hier primäre Freiheitsstrafen verhängen. Das ist nicht schlimm, man ist nicht vorbestraft, aber es wird schon unangenehmer.“ Soziologe Knopp hält nichts von härteren Strafen für Klebeproteste, sondern bezeichnet sie als „strafrechtlichen Populismus“. Es werde versucht, einen gesellschaftlichen Konflikt mit Mitteln des Strafrechts zu lösen.
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