Ein Zusammenschluss, der darauf ausgerichtet ist, Straftaten auszuführen. Bei dieser (sinngemäßen) Definition in Paragraf 278 im Strafgesetzbuch fallen einem spontan die Mafia, Drogen- oder Menschenhändler ein. Und neuerdings die Klimakleber – zumindest, wenn es nach der Staatsanwaltschaft Wien geht.
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Sie ermittelt, wie am Montag bekannt wurde, gegen 23 Mitglieder der „Letzten Generation“ wegen Verdachts auf „kriminelle Vereinigung“. Grund sind die Proteste vom 20. und 21. November: Aktivisten hatten sich mit einem Gemisch aus Quarzsand und Superkleber an mehreren Stellen der Südautobahn (A2) festbetoniert. Anders als bei bloßem Superkleber, der relativ rasch mit Lösungsmittel entfernt werden kann, mussten die Einsatzkräfte diesmal mit schwerem Gerät anrücken und ganze Teile des Fahrbahnbelags herausschneiden, um die Aktivisten zu befreien.
„Die Proteste haben ein neues Level erreicht“, erklärt eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien. Der Anfangsverdacht gründet sich darauf, dass die Straßen als Teile der kritischen Infrastruktur schwer beschädigt worden seien. 30 Personen wurden festgenommen.
Mit einer Hand im Kriminal
Insgesamt zeichnet sich eine härtere Gangart ab – auch, was das gewohnte Klimakleben betrifft. Die Staatsanwaltschaft Wien klärt gerade mit den Oberbehörden die rechtliche Einordnung ab, sagt eine Sprecherin. Diese könnte als Sachbeschädigung zu ahnden sein. Das hieße, dass die Aktivisten künftig nicht mehr so einfach mit einer Geldbuße davonkommen, sondern mit einem Strafverfahren rechnen müssten – und da gehören auch Hausdurchsuchungen und U-Haft zum Repertoire.
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Die Entscheidung, in Hinblick auf die neuartige Beton-Kleber-Mischung Ermittlungen wegen schwerer Sachbeschädigung und krimineller Vereinigung einzuleiten, wurde „aus Eigenem getroffen“. Das Justizministerium wurde über diesen Schritt informiert, heißt es dort. Einer Genehmigung bedurfte es nicht. Eine Berichtspflicht treffe die StA erst, wenn eine Enderledigung der Strafsache ansteht.
KURIER Newsflash vom 4.12.2023
Gut möglich, dass sich die heimische Justiz das benachbarte Bayern zum Vorbild nimmt: Das Landesgericht München hat erst kürzlich den Anfangsverdacht bestätigt, dass die Klimakleber die Kriterien einer „kriminellen Vereinigung“ erfüllen. Zweck und Tätigkeit der Truppe seien „auf das Begehen von Straftaten“ ausgerichtet. Diese seien bei Blockaden von Straßen und Flughäfen nicht geringfügig.
Die „Letzte Generation“ sprach am Montag von einer „Kriminalisierung friedlicher Proteste“ und zeigte sich entschlossen, „die Aktionen fortzusetzen, bis die Regierung mit der Umsetzung der Empfehlungen des Klimarates beginnt“. Rückendeckung kam von mehreren NGOs, die das Vorgehen als „überschießend“ bezeichneten.
„Richtig und wichtig“
Irritiert sind auch die Grünen: Klimaschutzsprecher Lukas Hammer verwies auf die Direktion für Staatsschutz (DSN), die die Bewegung im Oktober als „ungefährlich“ eingestuft hat. Er vertraue aber „selbstverständlich auf die Arbeit der unabhängigen Justiz“, sagt Hammer (wohl auch in Richtung des grün geführten Justizministeriums).
Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) indes findet es „richtig und wichtig, dass die Rechtsstaatlichkeit ein starkes Zeichen setzt“. Diese Form des Protestes erweise „dem wichtigen Anliegen des Klimaschutzes“ keinen Dienst. Die ÖVP fordert schon seit Längerem eine härtere Gangart gegen Klimakleber. Die Grünen halten die geltende Rechtslage für ausreichend.
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