Kommende Plenarwoche: Heiße Tage im Parlament
Der Nationalrat steht vor zwei turbulenten Sitzungstagen in der kommenden Woche.
Die Vorstellung der Beamtenregierung unter Führung von Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein dürfte dank der weitgehenden Zufriedenheit mit der Zusammensetzung des Kabinetts noch relativ gesittet vonstattengehen.
Ebenso sollte der Wahl der drei designierten Volksanwälte Bernhard Achitz (SPÖ), Werner Amon (ÖVP) und Walter Rosenkranz (FPÖ) sowie dem Beschluss des Neuwahlantrags nichts im Wege stehen.
Ansonsten ist Mittwoch und Donnerstag jedoch mit hitzigen Debatten zu rechnen. Handelt es sich doch um die erste Sitzung des Nationalrats, in der das vielzitierte freie Spiel der Kräfte, also die Suche nach wechselnden Mehrheiten für einzelne Anliegen im koalitionsfreien Raum, voll zu tragen kommen wird.
Von Rauchverbot bis Ibiza-Affäre
Kontroversielle Themen stehen dabei in ausreichender Zahl zur Verfügung. So will die SPÖ einen neuerlichen Antrag für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie einbringen, das die FPÖ am Donnerstag nach dem ÖVP-Schwenk hin zum Rauchverbot als „totalen Irrsinn“ bezeichnete.
Die Neos wollen wiederum einen neuen Anlauf für einen Abschiebestopp für Asylwerber in Lehre in Angriff nehmen.
Gleich vier Parteien, nämlich SPÖ, FPÖ, Neos und Jetzt, haben im Zuge der Ibiza-Affäre Initiativen für strengere Regeln zur Parteienfinanzierung angekündigt – jedoch mit jeweils unterschiedlichen Detail-Vorstellungen.
Und Peter Pilz (Jetzt) würde am liebsten vorerst gar nicht wählen, um vorher noch einen Untersuchungsausschuss die Ibiza-Affäre aufarbeiten zu lassen.
Die Tagesordnung wird in der Präsidiale am Freitagvormittag festgelegt.
Gräben bis ins Präsidium
Als ob die Themenlage noch nicht kontroversiell genug wäre, ist zusätzlich das Klima zwischen den Fraktionen – zumindest teilweise – im Keller. Mittlerweile ziehen sich die Gräben schon bis hinein ins Nationalratspräsidium.
Ausgelöst wurde das von einem Brief der zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), der am Montag an alle Abgeordneten erging (der KURIER berichtet). In dem Schreiben warnte Bures vor einem „Aufweichen des Systems unserer parlamentarischen Demokratie“ und einem „Infragestellen unserer Bundesverfassung“ durch „Aussagen, die Volk und Volksvertreter als zwei voneinander trennbare Elemente bezeichnen“.
Bures bezieht sich damit auf den von der Volkspartei seit dem erfolgreichen Misstrauensantrag gegen die ÖVP-Minderheitsregierung verbreiteten Slogan, „Das Parlament hat bestimmt, das Volk wird entscheiden“.
Türkis klagte daraufhin in Person des Abgeordneten Martin Engelberg über das „alarmistische“ Schreiben und sah die Würde des Amtes infrage gestellt.
Das will wiederum der stellvertretende Neos-Klubobmann Nikolaus Scherak nicht so stehen lassen. „Was Bures schreibt, kann ich nachvollziehen“, sagt Scherak zum KURIER. Es dürfe „keine Auseinander-Dividierung von Volk und Parlament“ geben.
Scherak verteidigt Bures
Zusätzlich sei Bures „die Allerletzte“, die man wegen ihrer Amtsführung als Nationalrats-Präsidentin kritisieren sollte, so Scherak. Und weiter: „Wenn wir schon von der Würde des Amtes reden, sollte sich die ÖVP an die eigene Nase fassen.“
Kritik an Sobotka
Schließlich habe sich auch der erste Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) diesbezüglich einiges geleistet. Unter anderem kritisiert Scherak falsche Ausschuss-Zuweisungen (wie die Behandlung des Arbeitszeitgesetzes im Wirtschafts- statt im Sozialausschuss) oder das Abhalten der Nationalrats-Sondersitzung zur Regierungskrise erst nach der EU-Wahl – entgegen dem Wunsch der einbringenden Fraktion.
Für Aufregung hatte Sobotka unlängst auch mit der Einladung an die damalige ÖVP-Staatssekretärin Karoline Edtstadler gesorgt, beim Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus Anfang Mai zu sprechen. Die Opposition hatte sich darüber beschwert, dass die Teilnahme einer Regierungspolitikerin bei der jährlichen Gedenkveranstaltung unüblich sei und eine "Instrumentalisierung für Wahlkampfzwecke" kritisiert.
In der Woche vor einer erwartbar heißen Sitzung geraten nun also auch zwei der drei Nationalratspräsidenten in die Schusslinie. Ihre Aufgabe, für einen ordnungsgemäßen Ablauf des Plenums zu sorgen, erleichtert das mit Sicherheit nicht.
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