Druck für schärfere Kontrolle der Parteienfinanzierung wächst
Durch die Ibiza-Affäre ist das Thema Parteienfinanzierung wieder in den Fokus gerückt. Sowohl die Prüfrechte des Rechnungshofes als auch die möglichen Strafen bei Verstößen stehen dabei nun auf dem Prüfstand.
Am Donnerstag forderten gleich zwei namhafte Experten Verschärfungen in mehreren Teilbereichen: Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker und Politikwissenschaftler Hubert Sickinger.
Zuerst legte Kraker mit der Forderung nach schärferen Transparenzregeln für Parteien und Vereine noch vor der vorgezogenen Nationalratswahl im September vor - das sei "das Mindeste, was die Österreicher sich erwarten".
Kraker plädiert schon länger für eine Verschärfung der Transparenzregeln für Parteien, nun sieht sie durch die FPÖ-Affäre ein einmaliges Zeitfenster geöffnet. "Diese Tage sind eine Probe für unser Land. Wenn jetzt nicht eine grundlegende Reform der Parteienfinanzen und ihrer Kontrolle kommt, kommt sie nicht mehr“, so Kraker.
Konkret schlägt die Rechnungshofpräsidentin ein Fünf-Punkte-Programm vor, das unter anderem ein "echtes Prüfrecht" des Rechnungshofs für Parteifinanzen vorsieht. Er soll künftig nicht nur einmal jährlich die Rechenschaftsberichte der Parteien erhalten, sondern tatsächlich auch deren Bücher kontrollieren dürfen.
Außerdem soll es strenge Auflagen für Vereine, Komitees und parteinahe Organisationen geben. Sie sollen Parteispenden an den Rechnungshof melden und die Herkunft ihrer Mittel offenlegen. Für "grobe Zuwiderhandlungen" hält Kraker auch strafrechtliche Sanktionen für überlegenswert.
Eigener Wahlkampfkostenbericht
Die Offenlegung der Wahlfinanzen will Kraker beschleunigen. Weil die Rechenschaftsberichte erst mit eineinhalb Jahren Verspätung öffentlich werden, sollen die Parteien künftig einen eigenen Wahlkampfkostenbericht vorlegen. Und zwar spätestens drei Monate nach der Wahl.
Die Veröffentlichung der Rechenschaftsberichte des Wahljahres 2017 kündigt Kraker noch vor dem Wahltermin im Herbst an: "Wir arbeiten mit Hochdruck daran."
Verschärfen will Kraker auch die Sanktionen bei Verstößen gegen das Parteiengesetz. "Jetzt kommen die Sanktionen spät und wirken nicht präventiv", sagt Kraker zu den vorgesehenen Geldbußen von bis zu 100.000 Euro. Künftig will der Rechnungshof selbst anstelle des Parteien-Transparenz-Senats im Kanzleramt die Strafen verhängen.
"Generalpräventive" Strafen
Darüber habe sie lange nachgedacht, so Kraker, aber: "Daran führt kein Weg vorbei, weil es für den Rechnungshof wichtig ist, dass er etwas in der Hand hat." Auf konkrete Summen will sich Kraker nicht festlegen, nur so viel: "Die Höhe der Strafe muss generalpräventive Wirkung haben."
Schließlich will Kraker die Auszahlung der Parteienförderung vom Kanzleramt ins Parlament verlagern. Das Parlament soll außerdem nähere Richtlinien für die Verwendung der Mittel festlegen - etwa was die Social Media-Aktivitäten der Parteien angeht. "Die Parteien sollten sich ein engeres Korsett geben", findet Kraker.
Über das "Ibiza-Video" mit dem zurückgetretenen FP-Chef Heinz-Christian Strache war Kraker "schockiert". Nun sieht sie das Parlament gefordert: "Alle im Parlament vertretenen Parteien müssten ein Interesse an einem fairen Wettbewerb und guten demokratischen Spielregeln haben."
Unterstützung bekam Kraker vom Politikwissenschaftler und Experten für Parteienfinanzierung Hubert Sickinger. Der hält sowohl die Verhängung von Sanktionen direkt durch den Rechnungshof als auch die Einbeziehung von parteinahen Vereinen für praktikabel.
Und wie Kraker ist auch Sickinger für strafrechtliche Sanktionen bei gravierenden Verstößen gegen die Transparenzregeln. Strafrechtliche Sanktionen - und damit auch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft - "wären nach wie vor wesentlich, angesichts dessen, was Strache in diesem Ibiza-Video gesagt hat."
Kontenöffnung nicht möglich
Bereits unmittelbar nach der Veröffentlichung des Videos hatte Sickinger angezweifelt, ob die Causa wirklich aufgeklärt werden kann. Denn Konten öffnen könne nur die Staatsanwaltschaft, und dafür fehle eine klare Strafbestimmung.
Sickinger plädiert zusätzlich dafür, auch die Finanzen der Parlamentsklubs in die Rechenschaftspflicht der Parteien einzubeziehen. Außerdem solle der Rechnungshof die Klubs regelmäßig prüfen. Dies deshalb, weil ein Gutteil der Parteikommunikation mittlerweile über die Klubs laufe, wie Sickinger betont.
Positiv sieht Sickinger auch die Forderung nach einem eigenen Bericht über die Finanzierung der Wahlkampfkosten. Noch besser wäre aus seiner Sicht aber die Verpflichtung, schon vor der Wahl eine vorläufige Abrechnung zu veröffentlichen.
Neos, Jetzt und Grüne dafür
Politische Unterstützung erhalten Kraker und Sickinger von den Neos und der Liste Jetzt. Die hatten bereits beide am Mittwoch angekündigt, das durch das vorzeitige Ende der ÖVP-FPÖ-Koalition eingeläutete freie Spiel der Kräfte im Parlament nutzen zu wollen, um die Regelungen für Partei- und Wahlkampffinanzierung zu verschärfen und die Kontrollrechte des Rechnungshofs auszuweiten.
Die Regierungskrise sei eine Chance, "Meter zu machen bei schärferen Sanktionen und Transparenz", sagte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger am Mittwoch. Konkret wird eine Ausweitung der Politikerhaftung, eine stärkere Beschränkung der Wahlkampfkosten und "abschreckende Sanktionen" wie eine deutliche Kürzung der Parteienförderung bei deren Überschreitung gefordert.
Der Rechnungshof soll zudem künftig anstelle der derzeitigen "Scheinkontrolle" Einblick in die Bücher der Parteien sowie ihrer Teilorganisationen und der Fraktionen in Arbeiter- und Wirtschaftskammer erhalten, forderte die Neos-Abgeordnete und Vorsitzende des Rechnungshofausschusses Irmgard Griss. Schließlich wollen auch die Neos, dass illegale Parteienfinanzierung ein Straftatbestand wird.
Neben den Liberalen will auch die Liste Jetzt das Spiel der freien Kräfte zur Verschärfung der Kontrollen von Parteien- und Wahlkampffinanzierung samt einem Verbot von Großspenden nutzen, sagte Klubchef Wolfgang Zinggl. Und auch Grünen-Chef Werner Kogler forderte am Donnerstag schärfere Sanktions- und Kontrollmöglichkeiten noch vor der Nationalratswahl.
Blümel bremst
EU- und Kulturminister Gernot Blümel reagierte hingegen ausweichend auf Krakers Vorstoß. "Es gibt viele verschiedene Anregungen", sagte Blümel und verwies auf die "möglichst rasche" Neuwahl wahrscheinlich Anfang September, "um schnell weiterarbeiten zu können".
Ob ein entsprechendes Gesetz zur Parteienfinanzierung vor September auf den Weg gebracht werden könnte, sei "eine Frage der Verhandlung zwischen den Parlamentsparteien". Zum jetzigen Zeitpunkt wollte Blümel keine Aussagen über deren Strategien machen und verwies auf die "schwierige Situation" vor Wahlen.
Auch Blümels Internetseite wird von einem Verein betrieben, welcher laut Parteiangaben "zu 100 Prozent von der ÖVP Wien finanziert" wird und keine Spenden von Dritten erhält. Obmann des "Verein zur Förderung bürgerlicher Politik“ ist Eugen Hammer - als Vertreter der Erste Group im Lobbyistenregister eingetragen.
Kommentare