Brunner: Wirtschaftshilfen laufen großteils Ende März aus

Brunner: Wirtschaftshilfen laufen großteils Ende März aus
Arbeitsminister Martin Kocher sprach am Montag mit Finanzminister Magnus Brunner über die Kernfragen der Arbeitsmarktreform und die Corona-Hilfen.

Die Reform der Arbeitslosenversicherung wird das postpandemische Kernprojekt der Amtszeit von Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP). Darüber sprach Kocher am Montag bei einer Podiumsdiskussion mit Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Anfangs ging es allerdings auch um die Corona-Wirtschaftshilfen.

Wirtschaftshilfen laufen aus

Aufgrund der geplanten Öffnungsschritte sollen diese Ende März laut Brunner großteils auslaufen. Ausgenommen seien Branchen die von der Pandemie besonders betroffen seien, etwa die Stadthotellerie, Nachtgastronomie und Luftfahrt, sagte Brunner. "Natürlich muss man sich die Situation individuell ansehen." Wo es noch Notwendigkeit für Hilfen gebe, sei man "offen für Gespräche".

Brunner will nun aber "nachhaltige Budgetpfade einschlagen" und Schulden reduzieren. Mitte 2021 wurde das Corona-Kurzarbeitsmodell reformiert, seither sind zwei verschiedene Modelle beantragbar. Einerseits gibt es eine unveränderte Variante für besonders betroffene Unternehmen bis Ende März 2022 und andererseits ein Übergangsmodell mit reduzierter Förderhöhe bis Ende Juni 2022. Derzeit können Unternehmen maximal zwei Jahre in Corona-Kurzarbeitsförderungen beziehen. "Die zeitliche Befristung schauen wir uns an", sagte Kocher.

Blick ins Ausland

Bei der Arbeitsmarktreform stehen eine degressive Gestaltung des Arbeitslosengeldes und eine Einschränkung des Zuverdienstes zur Debatte. Konkretisiert werden sollen diese Punkte spätestens bei einer Enquete mit den Sozialpartnern, am 7. März. 

Ein Best-Practice-Beispiel für die Reform der Arbeitslosenversicherung gebe es nicht, so Kocher, der sich zuletzt diverse Modelle im Ausland angesehen hat - kommende Woche ist er in Kopenhagen zu Gast. "Die Systeme werden in allen Staaten extrem stark durch historische Zufälle bedingt", sagte Kocher. Also könne man kein System eins zu eins übertragen, gewisse Elemente aber schon. Welche?

Arbeitslosengeld soll "nicht weit unter 55 Prozent fallen"

Ein zentraler Punkt der Reform wird die Höhe des Arbeitslosengeldes sein. "Wir wissen, dass das Arbeitslosengeld in Österreich relativ konstant ist. Die Frage ist, soll man diese Stufen stärker ausbauen?", sagte Kocher. Heißt: Soll es auch in Österreich ein degressives Arbeitslosengeld geben, das zuerst höher ist, dann aber sinkt. Derzeit liegt die Nettoersatzrate beim Arbeitslosengeld konstant bei 55 Prozent des letzten Monatsgehalts.

Grüne und Arbeiterkammer fordern: Unter 55 Prozent darf es auch in einem degressiven Modell nicht fallen. Kocher betonte: "Ich habe immer gesagt: Es kann nicht weit unter 55 Prozent fallen." Der Vorteil eines degressiven Modells: Arbeitslose wären in den ersten Monaten besser abgesichert. Nachteil: Es ist ein Anreiz für kurzfristige Arbeitslosigkeit. 

Um dieses Problem zu lösen, gebe es unterschiedliche Ansätze, so Kocher. Etwa Änderungen bei der Anwartschaft oder Experience-Rating-Modelle nach US-Vorbild.

In den USA gibt es die Systeme des sogenannten Experience Rating. Dabei macht man Beitragszahlungen von Unternehmen zum System der Arbeitslosenversicherung davon abhängig, wie das Kündigungs- und Einstellungsverhalten des Unternehmens ist.

Betriebe, die viele Menschen in Arbeitslosigkeit übergehen lassen und wenige Menschen aus Arbeitslosigkeit in ihre Belegschaft aufnehmen, zahlen höhere Beiträge als jene, die ihre Belegschaft durchgehend beschäftigt halten. Studien haben gezeigt, dass diese Systeme einen senkenden Effekt auf die Arbeitslosigkeit haben können.

Änderungen beim Zuverdienst

Ein ebenso großer Grund wird bei der Arbeitsmarktreform der geringfügige Zuverdienst, der in Österreich trotz Arbeitslosigkeit möglich ist. "Das ist im europäischen Vergleich einzigartig, dass man bei der Arbeitslosigkeit dazuverdienen kann", sagte Kocher. Gänzlich abgeschafft werden soll diese Möglichkeit nicht, allerdings eingeschränkt. Vor allem zeitlich unbefristet könnte Zuverdienst also künftig nicht mehr möglich sein.

Dann gibt es noch weitere Hebel: schnellere Vermittlung, höhere Familienzuschlüge, Qualifizierungsmaßnahmen. "Die beste Sozialpolitik ist, wenn Menschen Arbeit haben. Die meisten Menschen in Österreich verdienen gut und deshalb geht es darum, Menschen in Beschäftigung zu bringen", bilanzierte Kocher.

Brunner betonte, dass die Reform budgetneutral sein sollte. Und: Das Matching – also das Verhältnis von Arbeitslosen zu offenen Stellen – müsse besser werden. 110.000 Arbeitsplätze waren Ende Jänner beim AMS offen gemeldet. Dieser Mangel an Arbeitskräften, insbesondere Fachkräften, der durch die demographische Entwicklung noch zunehmen wird, "schränkt unser Wachstum stark ein", so Kocher. Umso wichtiger sei es, möglichst stark in Qualifizierung zu investieren.

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