Türkis-grüne Stimmung am Tiefpunkt: ÖVP sagt Ministerrat ab

Türkis-grüne Stimmung am Tiefpunkt: ÖVP sagt Ministerrat ab
Laut Nehammer-Sprecher geht es nur um Umlaufbeschlüsse. Dabei war der Termin am Mittwoch schon fix eingeplant.

Die Stimmung in der türkis-grünen Koalition ist am Tiefpunkt - und das macht sich jetzt erstmals in der koalitionären Zusammenarbeit bemerkbar: Der Ministerrat - ein Treffen aller Regierungsmitglieder, das jeden Mittwoch stattfindet, um gemeinsame Vorhaben zu beschließen - ist für den 19. Juni abgesagt, berichtet die Krone

Das bestätigt kurz darauf der stellvertretende Kabinettschef von Kanzler Karl Nehammer via X: 

Naheliegend ist, dass die Absage mit dem Krach rund um den Alleingang von Klimaministerin Leonore Gewessler beim EU-Renaturierungsgesetz zu tun hat. Sie entspricht auch der gestrigen Ansage von Kanzler Nehammer, wonach in der Koalition nur noch "notwendige und wichtige Vorhaben" umgesetzt würden. Nachsatz: "Soweit es mit diesem Koalitionspartner noch möglich ist."

Bei den Grünen reagiert man über die Absage und den neuen Plan, dass diese Woche nur Umlaufbeschlüsse getroffen werden sollen, überrascht. Der morgige Ministerrat war jedenfalls fix in den Kalendern der Kabinette eingeplant. 

Das entspricht auch KURIER-Informationen von vergangener Woche (also vor dem Streit), wonach vor der Sommerpause am 19. und am 26. Juni sowie am 3. Juli Sitzungen geplant waren. Die Sommerpause dauert dann bis 4. September. Ob es dazwischen einen Sommer-Ministerrat gibt, war noch offen. 

Plenarsitzungen im Nationalrat sind am 3. und 4. Juli geplant, nach der Sommerpause noch am 18. September, bevor am 29. September die Nationalratswahl stattfindet. 

Vorhaben, die auf Schiene sind ...

Welche Vorhaben gehen sich bis dahin - und angesichts der Stimmung - überhaupt noch aus? 

Laut APA-Informationen sollen die bereits in Parlament eingebrachten Anträge umgesetzt werden. Alle anderen strittigen Materien hätten soundso kaum noch Chancen auf Realisierung gehabt. 

Erst vergangene Woche war im Nationalrat eine Vielzahl von Gesetzesänderungen den zuständigen Ausschüssen zugeleitet worden, um sie noch im Juli beschließen zu können. Dazu zählen etwa ein Behindertenpaket, das neue Tierschutzgesetz, die Neuregelung der Sicherstellung von Mobiltelefonen und Datenträgern, aber auch ein Gemeinden-Unterstützungspaket.

Ebenfalls bereits auf den Weg gebracht sind die Neuregelung des Strafverteidiger-Kostenersatzes oder - aktuell in Begutachtung - ein Digitalisierungspaket für die Schulen sowie ein weiteres Pflegepaket.

... und Vorhaben, die scheitern dürften

Etliche andere Materien sind noch ausständig, nur war deren Beschluss vor allem im Kompetenzbereich von Klimaschutzministerin  Gewessler (Grüne) schon vor dem jüngsten Koalitionseklat unwahrscheinlich, jetzt ist er bei einigen Gesetzen wie dem Klimaschutzgesetz eigentlich undenkbar. 

Schlecht schaut es nun auch für das Elektrizitätswirtschaftsgesetz aus, wo eine Einigung noch allenfalls machbar erschienen war. Hängen bleiben könnte auch das Erneuerbare Gasgesetz.

Ein rascheres Verbot der Vollspaltenböden in der Schweinehaltung wird der ÖVP in den kommenden Wochen wohl auch eher kein größeres Anliegen sein. Die Abschaffung der Kapitalertragssteuer auf Wertpapiere bei gleichzeitiger Behaltefrist hat dagegen für die Grünen keine Priorität.

Zumindest inoffiziell längst klar ist, dass die Reform der Weisungsspitze in der Justiz gescheitert ist. Nämliches gilt für das Epidemiegesetz, dessen Novellierung in der Corona-Hochphase noch als Selbstverständlichkeit gegolten hatte. 

Ebenfalls offen ist die vom Arbeitsministerium forcierte Reform der Bildungskarenz, die ebenso an den Grünen scheitern könnte wie das automatische Pensionssplitting. Ein neues ORF-Gesetz steht wiederum nicht gerade weit oben auf der Agenda der ÖVP.

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