Neos-Klimasprecher Bernhard: "Der FPÖ werden Klimaziele egal sein"
Im Parlament herrscht Sommerpause, vor der Nationalratswahl am 29. September findet planmäßig nur mehr eine Sitzung statt.
Was ist seit dem Jänner 2020 eigentlich in Sachen Klimaschutzpolitik weitergegangen? Michael Bernhard, der Klimasprecher der Neos im Parlament, argumentiert im KURIER-Gespräch, was aus seiner Sicht gelungen ist, was nicht gelungen ist, und was die nächste Regierung dringend angehen muss.
Treibhaus-Ausstoß ist gesunken
Faktisch sind die Treibhausgas-Emissionen seit 2019 von 79,9 Millionen Tonnen auf 69 Millionen Tonnen (2023) deutlich gesunken. Ein Erfolg? „Sie sinken aber viel zu langsam für die gesteckten Ziele. Da haben schon auch Maßnahmen der Bundesregierung gegriffen, aber nachdem der Ausstoß auch mit dem wirtschaftlichen Erfolg zusammenhängt und wir gerade in einer schweren Flaute sind, ist das eben nicht nur auf das Wirken der Ministerin Gewessler zurückzuführen.“
Klimaticket
Gut findet Klimasprecher Bernhard vor allem das Klimaticket für Österreich. „Das hat man Gewessler nicht zugetraut, dass sie das umsetzen kann, weil daran viele Minister zuvor gescheitert sind. Das hat das Bewusstsein für den öffentlichen Verkehr verbessert.“ Das vielerorts mangelnde Angebot, also die schlechten oder fehlenden Verbindungen, sei aber nicht behoben worden, schränkt Bernhard ein.
„Nur mit billigeren Preisen wird der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel aber nicht gelingen. Wenn wir wollen, dass die Emissionen wirklich nachhaltig sinken, müssen wir dort ein gutes Angebot schaffen, wo es noch nicht besteht.“
Ökostrom-Ausbau gut, Netzausbau nicht
Lob hat der Abgeordnete für den Ausbau der Erneuerbaren Energien, besonders bei der Photovoltaik. „Allerdings ist der Ausbau der Erneuerbaren nicht mehr die Herausforderung unserer Zeit, das hätte vor zehn Jahren schon angegangen werden müssen. Jetzt klappt das überall auf der Welt in Marktwirtschaften auch ohne Förderungen gut.“ Das eigentliche und ungelöste Problem seien vielmehr der Ausbau der Stromnetze, damit die Erneuerbaren Energien auch verteilt werden können, als auch die Speichermöglichkeiten. „Das hat auch in dieser Regierung überhaupt nicht geklappt. Das hat viel mit unserem Föderalismus zu tun. Aber jede Regierung, die sich den Ausbau des Ökostroms auf die Fahnen heften will, muss als ersten Schritt dafür sorgen, dass die Netze den Strom auch transportieren können.“
Bernhard sieht hier ein großes Versagen der Regierung, auch wenn konkret der Netzausbau von den Landesnetzbetreibern und den Landesenergieversorgern vorangetrieben wird – „oder auch nicht“. Die hätten nicht einmal verbindliche Ausbaupläne an die Bundesregierung geschickt. „Da hätte der Bund eingreifen müssen.“
Kein Energiegesetz mehr in dieser Periode
Der Neos-Klimasprecher geht davon aus, dass in dieser Legislaturperiode kein Energiegesetz mehr beschlossen wird – was ihn insbesondere beim Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) „fassungslos“ macht. Warum? „Das wäre für den Ausbau der Netze und der Erneuerbaren enorm wichtig gewesen.“
Warum ist es gescheitert? „Da gibt es keinen politisch nachvollziehbaren Grund. Die ÖVP steht schon lange bei alldem auf der Bremse. Jetzt herrscht Eiszeit zwischen ÖVP und Grünen, und die ÖVP hat gar keine Dynamik mehr, etwas zu beschließen. Die wollen vor allem nicht, dass die Grünen im Wahlkampf noch irgendeinen Erfolg verbuchen können.“
Wer hätte vom Gesetz profitiert? „Ganz klar die Volkswirtschaft, die Unternehmen und die Bürger, weil man unabhängiger wird von teuren Energieimporten.“ Mittelfristig, durch Netz- und Speicherausbau, hätte Österreich auch niedrigere und stabilere Energiepreise.
Wer profitiert davon, dass das Gesetz nicht beschlossen wird? „Die Landesenergieversorger. Die kriegen durch die Netzentgelte Geld für den Netzausbau, den sie nicht in der erforderlichen Geschwindigkeit vorantreiben. Und gleichzeitig wurden ja die enormen Margen der Energiebetriebe im Strom- und Gasverkauf nachgewiesen, weil man die hohen Preise bei den Endkunden belässt. Damit werden hohe Renditen erwirtschaftet und hohe Dividenden ausgeschüttet – an die Landesregierungen, die das nach Gutsherrenart dann wieder an die Bürger ausschütten, denen sie das Geld zuvor abgeknöpft haben.“ Das gehe erst nicht mehr, wenn das Land von Importen unabhängiger wird. So aber würden die hohen Energiekosten und der stockende Netz- und Speicherausbau nicht nur den Bürgern, sondern auch der Volkswirtschaft und der internationalen Wettbewerbsfähigkeit schaden. Denn letztlich sei die hohe Inflation vor allem den hohen, fossilen Energiepreisen geschuldet, an der Österreich noch immer leide. „Da verstehe ich jeden, der wütend ist.“
Grüner Verbrenner und E-Fuels
Glaubt er an den von Kanzler Nehammer propagierten grünen Verbrenner, der mit klimaneutralen E-Fuels betrieben wird?
„Das ist eine schöne Idee. Doch wer sich wirklich auskennt, dem ist klar, dass einerseits die klimaneutralen E-Fuels für die Schifffahrt oder die Luftfahrt nötig sein werden, und sicher nicht für Mittelklasse-Pkw. Da ist der Elektromotor erstens um ein Vielfaches effizienter. Und zweitens werden die E-Fuels so teuer sein, dass sich normale Familien das gar nicht leisten können.“
Klimaschutz der nächsten Regierung
Und wie sieht Bernhard den Klimaschutz einer nächsten Regierung? Derzeit ist etwa Schwarz-Blau oder Blau-Schwarz wahrscheinlich. „Wenn so eine Koalition kommt, nehme ich an, dass viele Räder der Energie- und Mobilitätswende einfach wieder zurückgeschraubt werden. Bei der FPÖ gibt es gar kein Verständnis für die Klimakrise. Bei der ÖVP sehe ich eine extrem hohe Flexibilität, um an der Macht zu bleiben, die werden sie nicht für eine progressive Klimapolitik opfern. Klimaziele werden denen einfach egal sein.“
Bernhard kann aber auch bei der SPÖ kein einheitliches Vorgehen feststellen. „Das eine ist, was SPÖ-Chef Andreas Babler sagt, von Tempolimit bis Bodenverbrauch. Das andere ist die Realität, die auch die SPÖ auf Landesebene vorlebt. Die SPÖ hat da kein glaubwürdiges Programm.“
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