Klimaschutz auf österreichisch: Neues CO2-Amt, neue Klimabonus-Behörde
Im Zuge der heuer in Kraft tretenden ökosozialen Steuerreform wird im Finanzministerium ein eigenes Amt mit bis zu 65 Mitarbeitern geschaffen. Dieses soll den „nationalen Emissionszertifikatehandel“, sprich die CO2-Steuer abwickeln. Der Rechnungshof übt scharfe Kritik an diesen Plänen. Gleichzeitig wird zur Abwicklung des Klimabonus, der die CO2-Steuer abfedern soll, im Klimaschutzministerium eine eigene Struktur aufgebaut. Das sorgt bei der Opposition für Kopfschütteln.
Bis zu 65 Planposten
Zur Herstellung von Kostenwahrheit in Bezug auf CO2-Emissionen wird ein nationaler Emissionszertifikatshandel eingeführt. Für die Vollziehung des entsprechenden Nationalen Emissionszertifikatehandelsgesetzes 2022 (NEHG 2022) soll ein neues „Amt für den nationalen Emissionszertifikatehandel“ mit bis zu 65 Planstellen und eigener Behörden-, Organisations- und IT-Infrastruktur eingerichtet werden.
Der Rechnungshof weist in seiner Begutachtungsstellungnahme zum Gesetz darauf hin, dass für den Vollzug des Emissionszertifikategesetzes 2011 bereits eine Zuständigkeit des Klimaschutzministeriums sowie des Umweltbundesamtes besteht. „Angesichts bestehender Strukturen und fachlicher Kompetenzen sieht der Rechnungshof die Schaffung eines neuen Amtes im Finanzministerium aus Gründen der Verwaltungseffizienz kritisch. Ebenso wäre die Erforderlichkeit der für die Ausstattung des neuen Amtes vorgesehenen mit bis zu 65 Planstellen zu hinterfragen“, so die Prüfer.
"Riesiger Apparat für Hunderter-Überweisung"
Zusätzlicher Bürokratieaufbau bahnt sich auch bei der Auszahlung des Klimabonus an. Dieser soll nämlich nicht vom Finanzministerium, sondern wiederum vom Klimaschutzministerium abgewicklet werden. SPÖ und NEOS warnen vor einer überbordenden Bürokratie und sehen etwa das Finanzministerium als geeignete Behörde.
Anstatt bestehende Strukturen zu nützen, müsse nun schon wieder eine technische Lösung gebaut werden, die angesichts des geforderten Tempos wohl nicht die Ansprüche erfüllen werde und bisher auch keine Berechtigung habe, auf die notwendigen Daten zuzugreifen. „Hier wird ein riesiger Apparat aufgebaut, nur um den Leuten einen Hunderter zu überweisen. Das halte ich für Unfug“, so NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker.
Die jährlich erwarteten Einnahmen, die die beiden Behörden abwickeln - sprich einheben und auszahlen - sollen, steigen von 500 Millionen heuer auf 1,7 Milliarden im Jahr 2025.
Kein Gesetz für Klimabonus-Behörde
Zur Berechnung und Auszahlung des Klimabonus werden nicht nur Personen- und Meldedaten jedes einzelnen Haushalts benötigt, sondern auch die Bankkontodaten der Bürgerinnen und Bürger sowie deren Kinder. Dazu sollen Kontonummern, Familienbeihilfedaten, Daten von Menschen mit Behinderungen und Meldedaten miteinander kombiniert werden. „Was herauskommt, wenn Ideologie den Vorrang vor effizienter Verwaltung bekommt, kann man sich am Klimabonus von Frau Gewessler anschauen“, kritisiert Loacker.
Auch der RH stößt sich an der Abwicklung des Klimabonus. Diese ist nämlich nicht im vorliegenden Gesetz zur Steurerreform enthalten, sondern wird erst durch Verordnungen geregelt. Aufgrund dieser weitreichenden Verordnungsermächtigungen seien die finanziellen Auswirkungen des Gesetzesentwurfs derzeit nicht seriös abschätzbar, schreibt der Rechnungshof. Die Erläuterungen zu den finanziellen Auswirkungen entsprechen daher nicht den gesetzlichen Anforderungen, kritisiert der RH.
Regierung baut Doppelgleisigkeiten
Der Rechnungshof weist im Zusammenhang mit der Abwicklung der Auszahlungen ebenfalls auf mögliche Synergiepotenziale durch Nutzung bereits bestehender Infrastrukturen (etwa in der Finanzverwaltung) hin. Inhaltliche Mehrfachzuständigkeiten und Doppelgleisigkeiten „wären zu vermeiden“, so der RH.
Wozu die neuen Behörden geschaffen werden
Die Einhebung: Mit dem Nationalen Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022 wird eine Bepreisung von bestimmten Treibhausgasemissionen eingeführt, die nicht bereits dem Emissionshandelssystem der Europäischen Union (EU-ETS) unterliegen. Betroffen sind im wesentlichen Benzin, Gasöl (Diesel), Heizöl, Erdgas, Flüssiggas, Kohle und Kerosin. In der Fixpreisphase von Juli 2022 bis zum Jahr 2025 wird der Preis pro Tonne CO2 vorgegeben. Dieser steigt von 30 Euro pro Tonne ab Juli 2022 auf 55 Euro pro Tonne im Jahr 2025. Bei starken Veränderungen der Energiepreise kann es durch einen sogenannten Preisstabilitätsmechanismus jedoch zu einem langsameren oder schnelleren Anstieg des CO2-Preises kommen. Die jährlich erwarteten Einnahmen steigen von 500 Mio. Euro im Jahr 2022 auf 1,7 Mrd. Euro im Jahr 2025.
Die Auszahlung: Für Privathaushalte erfolgt eine Kompensation der Mehrbelastung durch den regionalen Klimabonus. Die Höhe hängt von der Hauptwohnsitzgemeinde ab und variiert im Jahr 2022 zwischen 100 und 200 Euro. Der höhere Klimabonus bei schlechterer Anbindung an den öffentlichen Verkehr sowie im ländlichen Raum soll die höhere Mehrbelastung im Bereich der Mobilität ausgleichen. Schätzungen des Budgetdienstes des Parlaments zeigen allerdings, dass im Durchschnitt die Mehrbelastung durch die CO2-Bepreisung mit dem Klimabonus überkompensiert wird. Bei manchen Haushalten, beispielsweise bei Verwendung einer Öl- oder Gasheizung, wäre die Belastung mittelfristig jedoch höher.
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