Karner attackiert Kickl: "Hassprediger und Sicherheitsrisiko"

Karner attackiert Kickl: "Hassprediger und Sicherheitsrisiko"
Beim Angriff auf den Stadttempel in Wien verteidigt Karner die Landespolizei Wien: "Der Schutz von Menschen hatte zunächst Vorrang."

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) war am Sonntag in der ORF-Pressestunde zu Gast. Fragen zum Attacke auf den Stadttempel in Wien wich er aus, FPÖ-Chef Herbert Kickl attackierte er scharf.

Die Situation in Israel habe natürlich auch Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Europa, sagt Karner eingangs. "Die Situation in Österreich ist sensibel und herausfordernd." Nach den Terroranschlägen in Frankreich und Belgien erhöhte Österreich auch deshalb die Terrorwarnstufe auf Stufe 2.

Was die Erhöhung der Warnstufe jedenfalls nicht verhinderte: In der Nacht auf Samstag haben Jugendliche die Fahne Israels am Wiener Stadttempel in der Seitenstettengasse im 1. Bezirk heruntergerissen. Ein Mädchen, das daneben stand, schrie "pui-pui-pui" und imitierte Schüsse mit einem Maschinengewehr - Richtung Synagoge.

Erhöhte Terrorwarnstufe in Österreich

"Kein Platz dafür in Österreich"

"Diese Vorfall ist aufs Schärfste zu verurteilen. Das darf in Österreich keinen Platz haben", sagt Karner. Die Polizei sei den Tätern auf der Spur und man werde diese dingfest machen. Die Landespolizei Wien sei in enger Absprache mit der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) in Wien. Man evaluiere die Sicherheitsvorkehrungen ständig. "Uns war bewusst, der Polizei in Wien und Staatsschutz, dass unmittelbar nach dem Terrorangriff am 7. Oktober (Angriff der Terrormiliz Hamas auf Israel, Anm.) die Gefahr für die jüdische Gemeinde besonders groß ist." Deshalb habe man die sichtbare und verdeckte Präsenz erhöht.

"Aber klar, der Vorrang war zunächst der Schutz von Menschen." Sei es vor Schulen, Kindergärten oder Sporteinrichtungen, meint Karner: "Nur 17 Prozent der jüdischen Kinder gehen in den Kindergarten, weil sie Sorgen und Ängste haben." Jetzt werde der Objektschutz entsprechend ausgeweitet - auch in der Seitenstettengasse.

Karner weicht aus

Aber warum erst jetzt? Am 12. Oktober, fünf Tage nach dem Angriff der islamistischen Terrormiliz Hamas auf Israel, erging vom Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) im Auftrag der DSN (Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst) eine E-Mail, die dem KURIER vorliegt. Der Auftrag: Alle Synagogen und Gebetshäuser in Wien seien durchgehend zu bewachen. 

KURIER-Bericht: Attacke auf Israel-Fahne: Wiener Polizei blockierte 24-Stunden-Schutz

Einen Tag später antwortet die Landespolizeidirektion Wien (LPD) im Auftrag ihres Landespolizeipräsident, Gerhard Pürstl, sinngemäß so: Die LPD widerrufe die permanente Überwachung. Alle Maßnahmen seien auf den Überwachungsmodus wie vor dem Hinweis des Geheimdienstes zurückzusetzen. Der höchste Polizist Wiens widersetzt sich der Empfehlung des Geheimdienstes. Weisungsgebunden ist er nur dem Innenministerium.

Was sagt Karner dazu? "Sie können davon ausgehen, dass die wichtigen Maßnahmen nicht via E-Mails angeordnet werden", beschwichtigt er. "Faktum ist: In solchen sensiblen Zeiten ist es notwendig, klar und konsequent vorzugehen."

Aktuelle Lage im Nahen Osten

"Keine konkreten Anschlagspläne"

Was die allgemeine Sicherheitslage hierzulande betrifft, versucht Karner zu beschwichtigen: "Es gibt momentan keine konkreten Anschlagspläne für Österreich." Europaweit gebe es zwar einen guten Austausch zwischen den Geheimdiensten und Fremdenbehörden, bei der Vernetzung dieser einzelnen Behörden "sind wir aber noch nicht so weit, wie wir sein sollten", so der Minister.  Er habe manchmal den Eindruck, das Schützen von Daten sei wichtiger als das Schützen von Menschen.

In Österreich sei es zwar möglich, auf richterliche Anordnung Telefongespräche oder SMS zu überwachen. Wenn Attentäter via Telegram oder WhatsApp kommunizieren würden, sei man aber völlig blind. "Allein zu wissen, dass zwei Attentäter miteinander über WhatsApp telefonieren, können wir nicht feststellen. Wir sind das einzige Land in Europa, dass das nicht kann", sagt Karner und fordert eine Gesetzesänderung. Es gebe intensive Gespräche mit dem Justizministerium von Alma Zadić (Grüne). Man werde darum ringen, das noch umzusetzen - es stehe ja auch im Regierungsprogramm. 

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Vernetzung der Sicherheitsbehörden

"Abscheuliche Szenen"

Bei einer im Vorfeld untersagten Pro-Palästina-Demo in Wien vor eineinhalb Wochen wurde das Vorgehen der Polizei als zu lasch kritisiert. Zunächst wurden die Demonstranten eingekesselt, nach Ende der Demo die Versammlung aufgelöst und 300 Identitäten festgestellt. "Weil es ja auch abscheuliche Szenen gab: ,Tod Israels' wurde gerufen. Da dreht es einem den Magen um, wenn so etwas passiert", sagt Karner.

Entscheidend sei, dass es keine Verletzten gegeben habe. In Berlin habe es vor drei Tagen bei einer untersagten Kundgebung über 60 verletzte Polizisten gegeben. "Das sind Bilder, die wir in Österreich nicht haben wollen, dass der Terror der Hamas auf die österreichischen Straßen und Gassen getragen wird."

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Vorgangsweise bei Demonstrationen

Attacke auf Kickl

Nicht ausschließen wollte Karner eine Koalition mit der FPÖ nach der kommenden Nationalratswahl, die voraussichtlich im Herbst 2024 stattfindet. Allerdings nicht unter der Führung des aktuellen Parteichefs Herbert Kickl: "Dieser Mensch will bewusst Hass säen, manche sagen dazu auch Hassprediger. Mit so einem Menschen will ich nicht zusammenarbeiten."

Und, so Karner: "Dieser Mensch ist ein Sicherheitsrisiko." Kickl habe als Innenminister den Staatsschutz zerschlagen, Österreich habe danach keine internationalen Kontakte mehr gehabt.

Position zu FPÖ-Obmann Herbert Kickl

"Schengen völlig kaputt"

Weiter ablehnend steht der Innenminister einem Schengen-Beitritt Bulgariens und Rumäniens gegenüber. Derzeit gebe es so viele Kontrollen zwischen Ländern wie noch nie: "Schengen ist völlig kaputt." In dieser Situation darüber zu diskutieren, an anderen Grenzen die Kontrollen fallen zu lassen, hielte er für "völlig falsch".

Schengen-Beitritt von Bulgarien und Rumänien

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