Karner: "Schengen war noch nie so kaputt wie jetzt"
Für Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) ist das Schengen-System nach wie vor "kaputt". Der Plan der EU, dass es nur noch gemeinsame Außengrenze gibt und innerhalb der EU ohne Kontrollen gereist werden kann, erhält derzeit fast wöchentlich einen Dämpfer.
Zuletzt hatte Deutschland Grenzkontrollen zu Polen, zu Tschechien und sogar zur Schweiz eingeführt. Österreich hat daraufhin solche Kontrollen zu Tschechien aktiviert, damit es keine Ausweichroute für Flüchtlinge über Österreich geben kann. Slowenien führt Grenzkontrollen zu Kroatien und zu Ungarn ein.
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"Schengen war leider noch nie so kaputt wie jetzt"
Der Traum vom freien Reisen innerhalb der EU ist in weite Ferne gerückt. Oder wie es Karner vor seinem Abflug zum Treffen der Innenminister in Luxemburg gegenüber dem KURIER formulierte: "Schengen war leider noch nie so kaputt wie jetzt, weil wir leider beim Außengrenzschutz noch nicht so weit sind, wie wir sein sollten. Deswegen können wir auf die Binnengrenzkontrollen nicht verzichten."
Ähnlich hat er sich auch in einem bilateralen Gespräch mit der deutschen Innenministerin Nancy Faeser (SPD) am Rande des Treffens in Luxemburg geäußert. Damit solle die Schlepperei bekämpft werden, wie beide bei einem Doorstep gegenüber den Medien erklärten. Wegen des fehlenden Außengrenzschutzes hat Österreich auch ein Veto gegen den Schengen-Beitritt von Bulgarien und Rumänien eingelegt, was in der EU zu heftigen Diskussionen geführt hat.
Österreich hat derzeit auch nicht vor, dieses Veto aufzuheben.
Umso überraschender war dann am Abend des Innenministertreffens das Statement von EU-Kommissarin Ylva Johansson, die sagte, dass sowohl Bulgarien als auch Rumänien in den Schengen-Raum gehörten.
Beide Länder hätten gute Resultate bei der Kontrolle der EU-Außengrenze. Und sie zeigte sich optimistisch, dass Österreich und die Niederlande noch bis Jahresende ihre Blockade gegen den Schengen-Beitritt der beiden Balkan-Staaten aufgeben würden.
Gegenüber dem Kurier hatte Innenminister Gerhard Karner auf die Frage, dass es doch ein Ziel sein muss, dass der Schengen-Raum in Zukunft wieder funktioniert, so geantwortet: "Das langfristige Ziel kann nur ein funktionierender Außengrenzschutz sein - technisch und rechtlich. Damit Menschen, die keine Chance auf Asyl haben, nicht nach Europa weiter ziehen. Da muss ganz Europa klarer und strenger werden und Kante zeigen."
Wenn Österreich tatsächlich jetzt die Blockade aufgibt, müsste das wohl ein wenig anders klingen.
Hamas und Terror als Themen
Der eigentliche Anlass des Innenministertreffens war der Asyl-Aktionsplan gewesen, der dem EU-Parlament übermittelt werden soll.
Da geht es um den Kampf gegen die Schlepperei, gegen Asylmissbrauch, um verstärkten Außengrenzschutz und um schnelle Asylverfahren an den Außengrenzen.
Angesichts der Lage in Nahost und des Terroranschlags in Brüssel waren aber Maßnahmen gegen die Hamas und gegen mögliche Terroraktionen ein Teil der Gespräche. Karner: "In Zusammenhang mit dieser sensiblen Situation nach dem furchtbaren Terroranschlag der Hamas in Israel und den Auswirkungen auf die europäischen Länder ist es unerlässlich, dass wir uns auf EU-Ebene koordinieren. Im Kampf gegen den Terror ist ein enger Schulterschluss notwendig."
Dazu gab es auch bilaterale Gespräche mit Nancy Faeser und dem tschechischen Innenminister Vit Rakusan. Es wurde vereinbart, dass wegen der latenten terroristischen Bedrohung noch abgestimmter vorgegangen werden soll. Gegenüber den Medien betonten alle, dass die Anschläge der Hamas in Israel auf das Schärfste verurteilt werden. Und sie versicherten, dass jüdische Einrichtungen ganz besonders geschützt würden.
Bezüglich der illegalen Migration wird es Anfang Dezember ein Treffen hochrangiger Polizeibeamter in Wien geben, an dem Vertreter aus Deutschland, Ungarn, der Türkei und Österreich teilnehmen.
Der Schwerpunkt liegt hier bei der gemeinsamen Zusammenarbeit mit der Türkei im Kampf gegen Schlepperkriminalität und Asylmissbrauch.
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