Kanzler zu Corona-Krise: "Bin heilfroh, dass wir diesen Weg gegangen sind"

Kanzler zu Corona-Krise: "Bin heilfroh, dass wir diesen Weg gegangen sind"
Andere Länder seien dem Beispiel Österreichs gefolgt, sagte Kurz in der "ZiB2". Dank der restriktiven Maßnahmen könne man "schnell aus der Krise kommen".

Vor einer Woche sagte ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz noch, in Östereich herrsche gerade "die Ruhe vor dem Sturm", am Montag wurde dann aber der Plan für das schrittweise Hochfahren im Handel und im öffentlichen Leben präsentiert.

Wie passt das zusammen?

In der "ZiB2" erklärte Kurz, der Sturm finde "zum Glück nicht in Österreich, dafür aber in vielen anderen Ländern statt". Österreich sei eines der wenigen Länder, das "gut durch die Krise kommt".

Andere Länder, etwa Großbritannien oder die Niederlande, hätten zuerst einen anderen Weg gewählt, seien dann aber ebenfalls dazu übergegangen, strenge Ausgangsbeschränkungen zu verhängen.

Er sprach damit die Methode der "Durchseuchung" an. Das heißt, man lässt Erkrankungen zu, damit ein großer Teil der Bevölkerung von selbst immun wird und sich das Virus nicht weiter ausbreiten kann.

In Österreich liege die Durchseuchung im Promillebereich, erklärte Kurz, maximal aber bei einem Prozent. Die Ergebnisse einer Studie, die der Dunkelziffer an Erkrankungen - und damit der Durchseuchung - auf die Spur kommen wollte, werden am Dienstag präsentiert.

Für Kurz steht fest: "Das Konzept der Herdenimmunität hätte nie funktioniert". Und er sagte: "Ich bin heilfroh, dass wir unseren Weg gegangen sind und schnell reagiert haben, damit wir auch schnell wieder aus der Krise herauskommen."

Grippe-Vergleich sei "dumm"

Kritiker ziehen immer wieder Vergleiche zur Grippe - diese fordere pro Jahr viel mehr Tote - und stellen damit die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen in der Corona-Pandemie infrage. Für diese Kritik hat der Kanzler wenig Verständnis. Im Gegenteil. 

"Ich führe gerne sachliche Diskussionen", sagte Kurz, "aber wer das sagt, argumentiert einfach dumm." Der Vergleich sei schlicht falsch.

Erstens sei die Sterblichkeit beim Coronavirus wesentlich höher und der Krankheitsverlauf schwerer. "Ich kann mich nicht erinnern, dass bei der Grippe so viele Menschen im Spital gewesen wären oder Beatmung gebraucht hätten."

Zweitens sei das Coronavirus hoch ansteckend, ein Gutteil der Erkrankten hätte gar keine Symptome und könne andere anstecken, ohne es zu wissen. Drittens gebe es gegen das Coronavirus keine Impfung, gegen die Grippe schon.

"Man kann die beiden Krankheiten nicht miteinander vergleichen", betonte Kurz."Es ist absolut richtig, dass wir so gehandelt haben. Hätten wir das nicht, dann hätte es laut Studien eine massive Ausbreitung mit bis zu 100.000 Toten gegeben."

"App soll freiwillig sein"

Wie es mit der viel kritisierten Handy-App des Roten Kreuzes weitergeht, mit der die Österreicher ihre Kontakte abspeichern sollen, konnte Kurz nicht sagen. Es habe unterschiedliche Zugänge gegeben, räumte er ein. Zuständig sei aber der Gesundheitsminister, und dieser werde demnächst Vorschläge machen.

"Sie soll jedenfalls freiwillig sein", sagte der ÖVP-Kanzler. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka hatte am Wochenende noch gemeint, er hielte auch eine Verpflichtung für sinnvoll. Davon ist nach heftiger Kritik aber keine Rede mehr.

Kurz gegen "juristische Spitzfindigkeiten"

Wie es jetzt weitergeht? Damit das Hochfahren des Handels funktioniert, müsse die erste Covid-19-Verordnung, die seit 16. März die Ausgangsbeschränkungen regelt, geändert werden, stellte Kurz in Aussicht.

Derzeit heißt es ja, man dürfe das Haus für Einkäufe im Rahmen der Grundbedürfnisse verlassen. Das "Grundbedürfnisse" müsse gestrichen werden, wenn im Mai wieder alle Geschäfte aufsperren. Man darf dann generell wieder einkaufen - egal ob im Supermarkt, beim Baumarkt oder beim Juwelier. Das müsse im Gesetzestext korrigiert werden.

Obwohl der Kanzler wenig von "juristischen Spitzfindigkeiten" hält. Einige Juristen sagen ja, dass Paragraf 5 der Verordnung bisher zwar so ausgelegt wurde, dass man nur für Bewegung an der frischen Luft ins Freie dürfe. Das stehe so aber nicht explizit drinnen - was die Möglichkeit eröffne, auch einfach so ins Freie zu gehen.

"Wir leben in einer Krise. Es geht jetzt nicht darum, ein Maximum an Verwirrung zu stiften", sagte Kurz. "Wir müssen alles tun, was notwendig ist. Auf den Punkt gebracht ist das, soziale Kontakte einzuschränken." Und er bittet die Österreicher einmal mehr, auf Osterfeiern im größeren Familienkreis zu verzichten.

Tennis schon bald wieder erlaubt

In den kommenden Tagen werden die jeweils zuständigen Minister erklären, wie es im Bildungsbereich, in der Kultur, in Bezug auf die Reisefreiheit und beim Sport weitergeht.

Bei letzterem verriet Kurz bereits: Für gewisse Sportarten im Freien mit großem Abstand - wie z.B. Tennis - werde es bald Lockerungen geben, aber „lange nicht möglich sein“ werde die Ausübung von Sportarten in geschlossenen Räumen.

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