Kanzler Schallenberg: "Wir sind keine Insel der Seligen"
Während am Heldenplatz das Bundesheer seine Leistungsschau mit Morgensport startet, traf sich die Bundesregierung ein paar Meter weiter im Kanzleramt zum traditionellen Sonderministerrat. Danach traten Kanzler Alexander Schallenberg und Vizekanzler Werner Kogler erstmals gemeinsam im Pressefoyer auf.
Thema: Die türkis-grüne Regierung will die Zusammenarbeit und Abläufe im Krisenfall verbessern und hat im Ministerrat ein neues Krisensicherheitsgesetz beschlossen - der KURIER hat berichtet.
Folgendes ist geplant: Im Innenministerium soll ein modernes, ressortübergreifendes Lagezentrum gebaut werden, das auch laufend Lagebilder erstellt. Ein eigener Regierungskoordinator soll sich außerdem im Bundeskanzleramt um Krisenvorsorge kümmern.
Wie bereits im Regierungsprogramm vorgesehen, soll eine neue Zentrale für das Krisenmanagement errichtet werden: Im vierten Untergeschoss des Innenministeriums wird ein ressortübergreifendes Bundeslagezentrum gebaut. Die Planungen sind demnächst abgeschlossen, dann startet die Ausschreibung. Auf mehr als zweitausend Quadratmetern sollen so bis zu drei Krisen gleichzeitig bewältigt werden können. Das Bundeslagezentrum soll ständig im Standby-Betrieb sein, laufend sollen Lagebilder über die aktuelle Situation etwa in den Bereichen Energie, Sicherheit und Gesundheit erstellt werden.
Rede von Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP)
Schallenberg: "Nationale Sicherheit ist rot-weiß-rot"
Schallenberg begann deutlich: "Die Herausforderungen der letzten Jahre, insbesondere die Pandemie und der Terroranschlag in Wien haben uns deutlich vor Augen geführt, dass wir keine Insel der Seligen sind, die irgendwie außen vor ist und von internationalen Entwicklungen unberührt bleibt." Deshalb habe man mit dem neuen – es wurde heute Ministerrat vorgestellt – Krisensicherheitsgesetz einen wichtigen Schritt getätigt: "Politik bedeutet für mich, die richtigen Lehren zu ziehen, um für die nächste Krise besser gewappnet zu sein."
Dieses Gesetz werde man in den kommenden Wochen mit allen Parteien im Nationalrat verhandeln, betonte Schallenberg: "Für mich als Bundeskanzler ist eines klar: unsere nationale Sicherheit, hat keine Parteifarbe. Unsere nationale Sicherheit ist rot-weiß-rot." Der Kanzler schloss seinen Beitrag im einem Impf-Appell. Nur mit der Corona-Impfung könne man "diesem Spuk ein Ende bereiten".
Es gebe in Österreich "eine politische Kraft, die ostentativ dagegen ankämpft, das verteufelt und in die Gegenrichtung zieht", kritisierte Schallenberg den Kurs der FPÖ in Corona-Fragen. In der Coronakrise trage aber "jeder von uns" Verantwortung, in Gesellschaft und Politik, und wer glaube, dass er sich bei der Bekämpfung einseitig aus der Verantwortung stehlen könne, "der betrügt sich selber", mahnte der Kanzler.
"Transformation vor Depression"
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) zeigte sich ebenso optimistisch, man habe eine sehr gute Kooperationsbasis aufgebaut. "Das funktioniert hervorragend." Es funktionierten "alle Achsen", zwischen Kanzler und Vizekanzler, den Klubobleuten, und auch die Parteichefs - also er und Ex-Kanzler Sebastian Kurz - hätten "eine entsprechende Gesprächsbasis", sagte Kogler. "Wir sehen ja, dass was weitergeht."
Der Terroranschlag in Wien, vergangenen November, sei auch ein Anschlag auf die liberale Demokratie gewesen, sagte Vizekanzler Kogler. Aber, "und das macht Österreich auch aus", man habe zusammengehalten. Das brauche es auch in der Pandemie, "die beileibe nicht vorbei ist".
Es brauche einen Ausbau der Arbeitsplätze, Investitionen in Pflege und Kinderbetreuung, so Kogler. Das Motto müsse sein: "Transformation vor Depression".
Apropos Krise: Wie geht es mit Türkis-Grün weiter? Man bewege sich auf dünnem Eis und niemand dürfe aufstampfen, so Schallenberg, der sich jedoch frohen Mutes zeigte. "Die Funktionsfähigkeit der Bundesregierung ist voll gegeben", gab ihm Kogler recht.
Rede von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne)
FPÖ will direkte Demokratie, SPÖ Sacharbeit
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner forderte anlässlich des Nationalfeiertags, die Sacharbeit wieder in den Vordergrund zu rücken. In einer Video-Botschaft drängte sie vor allem auf Dämpfung von Teuerung und Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. FPÖ-Obmann Herbert Kickl forderte indes mehr Freiheit, der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) einen Ausbau der direkten Demokratie.
Denn die Distanz zwischen den Menschen und der Staatsspitze, den Regierenden und weiten Teilen der Gesetzgebung sei so groß wie nie, meinte Hofer in einer Aussendung: "Unsere Aufgabe als Politiker ist es, den Willen zur Mitgestaltung auch zu ermöglichen. Gerade auch die Corona-Krise hat gezeigt, dass es immer weniger Staatsbürgern ausreicht, alle paar Jahre ein Kreuz auf dem Wahlzettel zu machen." Konkret fordert der Dritte Präsident, dass von mindestens 250.000 Menschen unterstützte Volksbegehren einer Volksabstimmung unterzogen werden müssen.
Zu Kickls Vorstellungen zum Nationalfeiertag gehört etwa, die Grenzen gegen illegale Zuwanderung dicht zu machen und Gesundheit und Freiheit nicht gegeneinander auszuspielen.
Vor dem Hintergrund der "jüngsten Skandale" meint Rendi-Wagner, dass "die politische Kultur wieder zu einer Kultur des Anstands und des Respekts" gegenüber den Menschen zurückfinden müsse: "Es braucht wieder eine Kultur der Ernsthaftigkeit, wo der Inhalt zählt, nicht die Inszenierung."
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