Kanzler erwartet Debatte über Atomkraftförderung bei EU-Gipfel

Atomkraftwerk Temelin
Schallenberg zu Energiepreisen: "Nicht übereilt eingreifen". Verfassungsministerin Edtstadler zu Polen: Alle Staaten einig, "klar Kante" zu zeigen.

Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) erwartet beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel eine Diskussion über die Förderung von Atomkraft. Das Thema werde aufkommen, sagte Schallenberg am Mittwoch im Hauptausschuss des Nationalrats in Wien. "Unsere Position ist glasklar", so der Kanzler, Atomkraft sei nicht als nachhaltige Energie zu betrachten. Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) rechnet auch damit, dass der Konflikt mit Polen beim Gipfel Thema wird.

Die Debatte in der EU zur Nuklearenergie werde in den nächsten Monaten eher zunehmen, sagte Schallenberg in Hinblick darauf, dass Frankreich im kommenden Halbjahr den EU-Vorsitz übernimmt. Frankreich und andere AKW-Staaten in der EU fordern, dass die Atomkraft als grüne Energie klassifiziert wird.

Schallenberg bezeichnete die steigenden Energiepreise in Europa als Herausforderung. Der Vorschlag der EU-Kommission einer "Toolbox" sei sinnvoll. "Aus unserer Warte sollte man nicht übereilt in die Preisgestaltung eingreifen", appellierte Schallenberg, einen "kühlen Kopf" zu bewahren. Österreich stehe bei der Gasversorgung im Vergleich zu anderen Staaten gut da und habe genug Gasspeicher. Es sei aber damit zu rechnen, dass einige EU-Staaten die Energiepolitik der EU stärker hinterfragen.

Als zweites großes Thema des Gipfels sieht Schallenberg den steigenden Migrationsdruck. Durch die Mitwirkung der Regierung von Belarus gebe es diesbezüglich ein neues Phänomen. Österreich stehe bei Asylanträgen pro Kopf an zweiter Stelle und habe doppelt so viele Anträge wie Griechenland, dreimal so viele wie Deutschland und viermal so viele wie Italien, sagte der Bundeskanzler. Er freue sich daher auf eine Diskussion über die Lastenverteilung.

Zum EU-Außengrenzschutz verlangte Schallenberg, Aktionspläne mit Transit- und Herkunftsländern rasch umzusetzen und Solidarität mit Staaten an der Außengrenze wie Litauen zu zeigen. "Wir dürfen Staaten beim Schutz der Schengen-Außengrenze nicht allein lassen, es braucht eine viel stärkere Solidarität." So sollte Litauen beim Bau eines Grenzzaunes mit europäischen Mitteln unterstützt werden.

Wesentliches Thema des Gipfels bei der Corona-Pandemie sei es, die Impfkampagne voranzutreiben, so Schallenberg. Es gebe große Unterschiede zwischen Dänemark mit hoher Impfrate und Slowenien mit einem überlasteten Gesundheitssystem. Auch Edtstadler betonte: "Wir müssen alle gegen Desinformation und Impfskeptizismus ankämpfen." Es gehe auch darum, die Impf- und die Hospitalisierungsrate stärker als Indikatoren heranzuziehen.

Edtstadler geht davon aus, dass der Rechtsstaatlichkeits-Konflikt mit Polen am Rande des Gipfels Thema sein wird, wenngleich dieser nicht auf der Tagesordnung stehe. "Alle Staaten sind sich einig, dass klare Kante zu zeigen ist", sagte die Europaministerin. Die EU habe eine "Toolbox" bis hin zu Nicht-Auszahlung von Geldern. "Österreich ist einer der Staaten, die sehr deutlich sind", wenngleich man immer auch den Dialog betone, sagte Edtstadler.

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