"Kann Kurz nach dem Mafia-Paragraf angeklagt werden, Herr Professor?"
Der Innsbrucker Strafrechtsexperte Andreas Venier klärt über Problem heimlicher Tonbandaufnahmen auf.
20.10.22, 17:33
"Das natürliche Rechtsempfinden ist normalerweise ein guter Gradmesser, was legal ist, und was nicht." Bei der Frage, ob man (bzw Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz) ein Telefonat heimlich aufnehmen darf, klappt das eher nicht:
„Das heimliche Aufnehmen und Veröffentlichen eines Telefonats ist nach § 120 Strafgesetzbuch strafbar, das bloße Transkript, also eine schriftliche Übertragung des Gesprochenen, nicht“, erklärt Prof. Andreas Venier vom Institut für Strafrecht und Strafprozessrecht der Uni Innsbruck.
Unlogisch? „Ja, das ist nicht ganz logisch. Die Aufnahme ist strafbar, die Abschrift nicht“, gibt der Rechtsexperte zu. Kurz und sein Anwalt hätten jetzt mehrere Möglichkeiten, damit diese Tonbandaufnahme vor Gericht als Beweis zugelassen wird: „Wenn er nur das Transkript vorliest, ist der Tatbestand nach herrschender Meinung nicht erfüllt. Aber es handelt sich dabei nur um einen mittelbaren Beweis, was bei der Beweiswürdigung ein Problem sein kann, auf das Original wird man nicht verzichten können.“ Venier gibt aber zu: „So eine Aufnahme vorzulegen, um seine Unschuld zu beweisen, wäre jedenfalls ein Rechtfertigungsgrund.“
Unlogisch? „Ja, das ist nicht ganz logisch. Die Aufnahme ist strafbar, die Abschrift nicht“, gibt der Rechtsexperte zu. Kurz und sein Anwalt hätten jetzt mehrere Möglichkeiten, damit diese Tonbandaufnahme vor Gericht als Beweis zugelassen wird: „Wenn er nur das Transkript vorliest, ist der Tatbestand nach herrschender Meinung nicht erfüllt. Aber es handelt sich dabei nur um einen mittelbaren Beweis, was bei der Beweiswürdigung ein Problem sein kann, auf das Original wird man nicht verzichten können.“ Venier gibt aber zu: „So eine Aufnahme vorzulegen, um seine Unschuld zu beweisen, wäre jedenfalls ein Rechtfertigungsgrund.“
Die andere Möglichkeit?
„Die Justiz könnte das Tonband einfach aus Beweisgründen sicherstellen. Dann wäre es egal, ob das Tonband geheim oder zulässigerweise aufgenommen wurde. Ein Beweisverwertungsverbot greift nach der Rechtsprechung weder im einen noch im anderen Fall.“
Eine ganz andere Frage ist, wie ein Gericht diesen Beweis einordnet. „Als Beschuldigter hat man keine Wahrheitspflicht, auch nicht in einem privaten Telefonat.“ Klar sei Strafrechtsexperte Venier: „Wenn er (Schmid, Anm.) bei seiner Einvernahme bei der WKStA in wesentlichen Dingen die Unwahrheit sagt und ihm das nachgewiesen wird, wird er den Kronzeugenstatus, falls er ihm zuerkannt wird, verlieren und es drohen ihm dann doch wieder Anklage und Verurteilung.“
Schließlich noch die Frage, ob nicht der berüchtigte „Mafia-Paragraf“ in dieser Causa greifen könnte. Venier: „Nur die Tatsache, dass mehrere Personen in strafbare Handlungen eingeweiht waren, heißt noch nicht, dass es sich um organisierte Kriminalität handelt. Das Gesetz unterscheidet zwischen krimineller Vereinigung – zumindest zwei Personen – und krimineller Organisation, das wären wohl zehn Personen und mehr. Und es muss klar sein, dass der Gesamtwille auf die Begehung schwerer Straftaten gerichtet war. Dazu gehört aber, dass die berufliche Tätigkeit der Beteiligten hauptsächlich in der Begehung solcher Straftaten besteht. Dass neben ihrer legalen beruflichen Tätigkeit auch Straftaten begehen wollen, genügt nicht.“
Eine ganz andere Frage ist, wie ein Gericht diesen Beweis einordnet. „Als Beschuldigter hat man keine Wahrheitspflicht, auch nicht in einem privaten Telefonat.“ Klar sei Strafrechtsexperte Venier: „Wenn er (Schmid, Anm.) bei seiner Einvernahme bei der WKStA in wesentlichen Dingen die Unwahrheit sagt und ihm das nachgewiesen wird, wird er den Kronzeugenstatus, falls er ihm zuerkannt wird, verlieren und es drohen ihm dann doch wieder Anklage und Verurteilung.“
Schließlich noch die Frage, ob nicht der berüchtigte „Mafia-Paragraf“ in dieser Causa greifen könnte. Venier: „Nur die Tatsache, dass mehrere Personen in strafbare Handlungen eingeweiht waren, heißt noch nicht, dass es sich um organisierte Kriminalität handelt. Das Gesetz unterscheidet zwischen krimineller Vereinigung – zumindest zwei Personen – und krimineller Organisation, das wären wohl zehn Personen und mehr. Und es muss klar sein, dass der Gesamtwille auf die Begehung schwerer Straftaten gerichtet war. Dazu gehört aber, dass die berufliche Tätigkeit der Beteiligten hauptsächlich in der Begehung solcher Straftaten besteht. Dass neben ihrer legalen beruflichen Tätigkeit auch Straftaten begehen wollen, genügt nicht.“
(kurier.at, BerG)
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