Seit bekannt ist, dass Thomas Schmid 15 Tage lang vor der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ausgesagt hat, steht die Republik kopf. Im Prinzip tut sie das seit mehr als drei Jahren, seit dem Ibizavideo – nicht gesund, wenn einem so lange das Blut in den Kopf schießt.
Die nunmehrigen Aussagen eines Polit-Aufsteigers – dem die wahren Machthaber ursprünglich eine irre Power in die Hand gegeben hatten, nur zur Erinnerung! – sind ein erschreckendes Dokument von Machtbesessenheit, Umgang mit Steuergeldern, Korruptionsversuchen, käuflichen Politikern und Medien. Unabhängig davon, was im Detail stimmt. Die Angesprochenen versuchen sich freilich zu wehren, der Ex-Kanzler sogar nach 80er-Jahre-„Tatort“-Geheimdienstmanier mit der Transkription eines heimlich mitgeschnittenen Telefonats. Und man kann davon ausgehen, dass das Schlamm-Catchen weitergeht, auch über Parteigrenzen hinweg.
Mehr als eine "Causa ÖVP"
Was aktuell passiert, ist inzwischen mehr als eine Causa ÖVP, Kurz oder Schmid, das ist eine Causa Österreich, die allen schadet. Da geht’s nicht um Rechts, Links oder was auch immer – wenn sich Politik so präsentiert, darf man sich nicht wundern, wenn in der Öffentlichkeit eine pauschale Schuldsvermutung übrig bleibt.
Dabei gäbe es gerade die eine oder andere globale Krise, mit der wir uns innerhalb unserer austriakischen Möglichkeiten beschäftigen sollten. Aber offenkundig ist es manchen wichtiger, gegeneinander zu agieren als gemeinsam Lösungen zu finden.
Es tut weh, was da gerade abgeht, und es wird langfristig alle Parteien schmerzen, weil das Vertrauen erschüttert ist, weil die Mär von einer neuen Politik kaum noch jemand glaubt und weil gute Ansätze im Intrigensumpf untergehen. Dem politischen Gegner dann die Schuld zu geben, ist ein beliebtes Spiel, aber durchschaubar. Dabei sollte längst bekannt sein, dass sich kleine Sünden über einen längeren Zeitraum hinweg wie ein Schneeball zur Lawine auswachsen. Doch im Land des Sigmund Freud kehrt man traditionellerweise alles unter den Teppich und gibt Fehler nur zu, wenn man mit dem Rücken zur Wand steht.
Jedenfalls muss sich in Österreich nie wieder jemand über Italien lustig machen – die Halbwertszeit von Regierungen ist dort aktuell höher als bei uns (und in England).
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