"Einer von Putins besten Freunden": Berlusconi außer Rand und Band
„Wisst ihr, wie die ganze Ukraine-Sache begonnen hat?“, hört man Silvio Berlusconi sagen. Er bittet die Gesprächspartner um Vertraulichkeit, dann holt er aus: Nicht Russlands Präsident Wladimir Putin, sondern dessen ukrainisches Gegenüber Wolodimir Selenskij habe den Konflikt eskalieren lassen, indem er die Angriffe auf die separatistischen Republiken Donezk und Lugansk „verdreifacht“ habe – ein Verstoß gegen das Minsker Abkommen von 2014. Putin habe gar keine andere Wahl gehabt, als seine Verbündeten zu verteidigen.
Vertraulich blieb das Gesagte jedenfalls nicht. Jemand nahm während des Treffens des „Cavaliere“ mit den Parlamentariern seiner Partei Forza Italia am Dienstagnachmittag nicht nur seine Worte auf, sondern spielte sie auch der Agentur La Presse zu. Doch die krude These zum Ursprung des Krieges war nicht die einzige möglicherweise folgenreiche Anekdote, die Berlusconi zum Besten gab.
In der Tonaufnahme ist auch zu hören, wie Berlusconi meint, der Westen sei schon im Krieg, „weil wir der Ukraine Waffen und Geld geben“. Oder, dass er die Beziehungen zu Putin „wieder ein bisschen aufgenommen“ habe; „ein bisschen viel“.
Wodka-Geschenk
Putin zähle ihn „zu seinen fünf besten Freunden.“ Weswegen Berlusconi zu seinem 86. Geburtstag am 29. September eine Kiste Wodka zusammen mit einem „sehr süßen“ Brief aus Moskau erhalten habe. Berlusconi habe sich dafür mit einer Kiste Wein und einem seinerseits „sehr süßen“ Dankesschreiben revanchiert.
Die Betretenheit ist im politischen Italien greifbar, nicht nur weil das Wodka-Geschenk Putins gegen die EU-Sanktionen verstößt. Berlusconis Gefolgsmänner und -frauen versuchen vor allem angesichts der Koalitionsverhandlungen, die Wogen irgendwie zu glätten. Auf dem Titelblatt der rechtsorientierten Tageszeitung Libero, die Berlusconi eigentlich wohlgesonnen ist, stand am Mittwoch: „Silvio, halt an!“
Giorgia Meloni, Vorsitzende der Rechten Fratelli d’Italia und möglicherweise schon Anfang nächster Woche neue Regierungschefin Italiens, warnte stattdessen eiskalt: „Wir stehen hinter der Ukraine. Entweder das passt allen, oder aus der Regierung wird nichts.“
Zwar behauptet Berlusconi nach jedem veröffentlichten Tonschnitt, er sei völlig aus dem Kontext gerissen, in Brüssel stellt man sich aber die Frage, was von der neuen Rechts-Mitte-Regierung zu erwarten sei, sollte sie Staatsoberhaupt Sergio Mattarella trotz allem angeloben.
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