Johannes Rauch: "Frage mich, ob ich mir das noch einmal antun würde"
Egal wie die kommende Regierung aussehen wird - einer wird ihr sicher nicht angehören: Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hat schon vor längerer Zeit seinen Rückzug aus der Bundespolitik angekündigt.
Und so geriet sein Auftritt bei der KURIER-Veranstaltungsreihe „Frag den Minister“ am Montag in der Wiener MedUni naturgemäß eher zu einer Rückschau auf Geleistetes, denn zu einer Präsentation geplanter Vorhaben.
Für die Haben-Seite verbucht der Minister vor allem die im Herbst beschlossene Gesundheitsreform. Kaum eine Frage aus dem Publikum, bei deren Antwort er letztlich nicht bei dem Großprojekt landet.
Wie berichtet haben sich Bund, Länder und Sozialversicherungen darauf geeinigt, dass in den kommenden fünf Jahren rund 14 Milliarden Euro in Gesundheit und Pflege fließen sollen. Damit soll vor allem der aktuell massiv überlastete niedergelassene Bereich gestärkt werden. Die Länder bekommen aber nur frisches Geld, wenn es tatsächlich auch ins Gesundheitssystem fließt.
Rauch: "Scheitern mit Anlauf"
Der Widerstand vor allem der Länder sei brutal gewesen, so der Minister. „Mit dem Wissen von heute frage ich mich schon, ob ich mir das noch einmal antun würde“, schildert Rauch das monatelange zähe Ringen mit den vielen Beteiligten: Länder, Sozialversicherung, Ärztekammer. Ohne einer „gewissen Brutalität“ im Auftreten wäre die Reform nichts weiter als ein „Scheitern mit Anlauf“ geworden. „Das kann man nur durchstehen, wenn man wie ich nichts mehr werden will“, so Rauch.
In den zwei Jahren Verhandlungen habe er vielleicht 70 Prozent seiner Vorhaben umsetzen können, rechnet er vor. Von einer Finanzierung des Gesundheitssystems aus einer Hand, was all die Ineffizienzen und Doppelgleisigkeiten beseitigen würde, sei man aber noch weit entfernt. Die Reform sei eine „Hilfskrücke, eine Brücke, um überhaupt in diese Richtung zu kommen“.
Angesprochen auf die zahlreichen wegen Pflegemangels gesperrten Spitalsbetten verweist der Minister auf die Pflegereform, mit der die Ausbildung forciert und die Arbeitsbedingungen verbessert werden sollen. Wobei Rauch um Geduld bittet: „Wir schaffen es, das System zu stabilisieren, aber es wird dauern.“
Gleichzeitig werde man nicht ohne zusätzliche Pflegekräfte aus Drittstaaten auskommen. Denn die bis 2030 nötigen 80.000 Pfleger und Pflegerinnen werde man unmöglich in Europa rekrutieren können. „Wir müssen aber auch Bedingungen bieten, dass sie gerne zu uns kommen.“
Frag den Minister - mit Johannes Rauch
Viel erhofft sich Rauch auch vom Ausbau der Primärversorgungseinheiten, in denen neben Ärzten auch verschiedene andere Gesundheitsberufe vertreten sind. Damit soll erreicht werden, dass die Mediziner endlich wieder mehr Zeit für ihre Patienten haben.
Corona-Spießrutenlauf
Auch die Folgen der Corona-Pandemie holten den Minister an diesem Nachmittag ein. Ein Ehepaar meldete sich zu Wort, deren Sohn nach der häufigen Long-Covid-Komplikation ME/CFS das Haus nicht mehr verlassen könne und mittlerweile aus dem Sozialsystem gefallen sei.
„Wir wissen, dass wir bei der Betreuung dieser Patienten Mängel haben: Die Abklärung solcher Störungen ist ein Spießrutenlauf.“ Doch auch hier sollen mit dem Geld aus der Gesundheitsreform neue Anlaufstellen geschaffen werden, so Rauch. Er verspricht, den Problemen mit der Versicherung im konkreten Fall nachzugehen.
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