Nachdem das Ministerium trotz dieser Einwände an seinen Plänen festhält, wendet sich der Bundesverband Selbsthilfe Österreich nun sogar an die Volksanwaltschaft. „Unser Unverständnis und unsere Enttäuschung, dass das Wohl und der Wille der Betroffenen nicht berücksichtigt und wir in den Gesetzeswerdungsprozess nicht eingebunden wurden, ist groß“, heißt es in dem Schreiben, das dem KURIER vorliegt.
Breite Ablehnung
Die Patientenvertreter sprechen darin von einer breiten Phalanx an Institutionen, die ihre Bedenken teilen würden. Darunter die Krebshilfe, aber auch Arbeiterkammer, ÖGB und Wirtschaftskammer.
Nicht besänftigen lässt sich die Vorsitzende Angelika Widhalm durch den von Rauch kurzfristig einberufenen Runden Tisch, bei dem die Skeptiker ihre Bedenken äußern dürfen.
Der Minister hatte ein solches Treffen bereits am 11. Dezember angekündigt. Nun habe sich herausgestellt, dass der Runde Tisch erst am 9. Jänner, also Wochen nach dem Beschluss der Gesundheitsreform, stattfindet. Dies sei ein „sehr unfreundlicher Akt gegenüber der Bevölkerung“ und „alles andere als demokratisch“, ärgert sich Patientenvertreterin Widhalm.
Für sie ist zwar nachvollziehbar, dass man eine Vereinheitlichung der Versorgung anstrebt. Denn: Es müsse verhindert werden, dass Patienten in andere Bundesländer ausweichen müssten, um solche Behandlungen zu bekommen. „Eine Reform müsste aber anders umgesetzt werden: Es kann nicht sein, dass ich als Patient erst auf die Entscheidung des Bewertungsboards warten muss, wenn ich dringend eine bestimmte Therapie benötige.“
Für Widhalm ist die Anrufung der Volksanwaltschaft ein erster Schritt, dem weitere Protestmaßnahmen oder eventuell sogar rechtliche Maßnahmen folgen könnten.
„Der enorme Unmut der Patientenvertretungen, der Sozialpartner bis hin zur behandelnden Ärzteschaft zeigt, dass Rauch bei diesem Gesetz nachjustieren muss“, sagt auch Oliver Brosch, Generalsekretär der Gesundheitsplattform Praevenire.
Ministerium beruhigt
Im Gesundheitsministerium verteidigt man einmal mehr das Board: „Dieses Vorgehen ist international üblich und schafft mehr Transparenz und Fairness“, sagt eine Sprecherin. Die zu evaluierenden Medikamente seien bereits zur Behandlung zugelassen – „es entsteht also keine Verzögerung in der Behandlung“.
Das Board, das im ersten Halbjahr 2024 seine Arbeit aufnehmen soll, bewerte auch keine individuellen Krankheitsfälle, sondern evaluiere allgemein den Einsatz eines neuen Medikaments. Ziel sei der gleiche Zugang aller Patienten zu innovativen Arzneimitteln. Wie alle Maßnahmen der Gesundheitsreform soll auch das Bewertungsboard in den kommenden Jahren evaluiert werden.
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