IV-Präsident zu Mercosur: "Verantwortungslos, dass Totschnig mit Angst argumentiert"

Georg Knill, IV
Die Koalition ist gegen das Freihandelsabkommen – Georg Knill dafür. Der IV-Chef startet deshalb eine Offensive und sagt warum es das Abkommen braucht, um nicht von China abhängig zu werden.

Seit 1999 wird das EU-Mercosur-Abkommen verhandelt – eine Einigung könnte im Juni stehen, doch Österreich ist im Gegensatz zu Staaten wie Deutschland strikt dagegen.

KURIER: Der Arbeitsmarkt ist stabil, die Konjunktur flacht aber schon ab. Wie wird das erste Halbjahr? Georg Knill: Wir gehen von einem schwachen Wachstum und stabilen Arbeitsmarkt aus volkswirtschaftlicher Sicht aus. Aus Sicht der Industrie handelt es sich um eine eklatante Mangellage an Arbeits- und Fachkräften. Ein Paradoxon: Trotz der schwachen Konjunktur ist der Arbeitsmarkt angespannt und die Situation wird sich verschärfen.

Welche Branchen sind besonders gefährdet und wo wird die Produktion wegen des Arbeitskräftemangels eingeschränkt werden müssen?

Es sind derzeit 112.000 offene Stellen gemeldet, die Zahl müssen Sie aber verdoppeln, da dem AMS nicht alle Jobs gemeldet werden. Betroffen sind der Dienstleistungssektor wie der produzierende Sektor. Aufträge können im schlimmsten Fall nicht angenommen und nicht abgearbeitet werden. Die Wertschöpfung geht in andere Regionen verloren.

Welche Länder profitieren von der "eklatanten Mangellage“?

Mexiko ist ein großer Profiteur wegen des USA-China-Konfliktes. Indien profitiert wegen Russland, des Ukraine-Krieges und den Verwerfungen mit China. Der Mittlere Osten befindet sich in einer Boom-Phase. 68 Länder haben heuer ein Wachstum von über 4 Prozent und zählen damit zu den Tigerstaaten. Nur: Keines der Länder befindet sich in Europa, sondern alle sind im südostasiatischen und Subsahara-Raum.

Seit 1999 verhandelt die EU mit Staaten Südamerikas über ein Freihandelsabkommen. Heuer könnte es zu einem Abschluss kommen, doch die türkis-grüne Regierung ist strikt gegen Mercosur, fürchtet Billig-Importe, eine Verschlechterung der Klima-Standards. Die IV ist dafür, warum?

Die Regierung hat auf Basis von über 20 Jahre alten Verträgen einen Beschluss gefasst. Da die Verträge aber laufend modifiziert, die Umweltstandards gehoben wurden, müssen sie neu betrachtet werden. Es ist doch bezeichnend, dass Deutschlands grüner Wirtschaftsminister Robert Habeck mit dem grünen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir nach einem Brasilien-Besuch das Mercosur-Abkommen unterstützt und die österreichische Bundesregierung nicht.

Weekly cabinet meeting in Berlin

Robert Habeck und Cem Özdemir

Kommentare