Totschnig gegen Mercosur-Abkommen, Kritik von NEOS und IV
Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) hat sich in einem Interview mit der "Tiroler Tageszeitung" (Montagsausgabe) gegen eine Ratifizierung des Mercosur-Handelsabkommens ausgesprochen. "Mercosur ist ein Abkommen alter Schule, ohne ein umfassendes Nachhaltigkeitskapitel", begründete der Politiker seine Position gegenüber der Zeitung. Unterstützung kam vom ÖVP-Bauernbund und von Greenpeace, mit Kritik reagierten hingegen die NEOS und die Industriellenvereinigung (IV).
Die grüne Wende in der Landwirtschaft und die Inhalte des Pakts seien schwer vereinbar, so Totschnig, der generell eine Kluft zwischen den europäischen Klimazielen und der Ausgestaltung der geplanten Freihandelszone ortet. "Österreich und Europa leiten eine Transformation der Wirtschaft und Landwirtschaft Richtung Klimaneutralität und mehr Nachhaltigkeit ein. Gleichzeitig will man ein Abkommen mit einem Markt vereinbaren, in dem diese Standards viel weniger relevant sind. Das passt doch nicht zusammen."
Abkommen könnten teilweise auch ohne Österreichs Zustimmung in Kraft treten
Kritisch äußerte sich der Minister auch zu den Bestrebungen der EU, das Abkommen in ein politisches und ein wirtschaftliches Kapitel zu gliedern, womit Teile des Abkommens ohne die Zustimmung Österreichs in Kraft treten könnten. Totschnig: "Die EU-Kommission versucht nun, das Abkommen durch die Hintertür durchzupeitschen - mit Hilfe juristischer Spitzfindigkeiten. Wir werden aber unsere Kritikpunkte weiter mit voller Kraft vorbringen."
In eine ähnliche Kerbe schlug Bauernbundpräsident Georg Strasser (ÖVP). "Wir stellen uns - wie auch im Regierungsprogramm vereinbart - weiterhin klar gegen Mercosur. Qualitäts- und Produktionsstandards müssen auch für Importe gelten. Eine Aufspaltung des Abkommens würde die Einfuhr von billigen Lebensmitteln aus Übersee durch die Hintertür bedeuten", so der Politiker in einer Aussendung.
"Klimakiller-Pakt"
Rückenwind für Totschnig kam zudem von Greenpeace. "Es ist ein sehr gutes Zeichen, dass sich jetzt auch Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig persönlich gegen EU-Mercosur wendet und auch ein Splitting des Abkommens klar ablehnt", so Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Sebastian Theissing-Matei laut Mitteilung. Die österreichische Regierung müsse alles daran setzen, um dem "Klimakiller-Pakt", der massiv die österreichische Landwirtschaft und die Umwelt bedrohe, ein Ende zu setzen.
Kritik äußerten die NEOS. "Österreich muss sein stures Nein zu Mercosur endlich aufgeben. Ein Mercosur-Abkommen mit strengen Umweltstandards bremst uns nicht beim Erreichen der Klimaziele, im Gegenteil: Es kann unser Instrument sein, den wichtigen europäischen Green Deal bis in den Amazonas auszudehnen", hielt NEOS-EU-Abgeordnete Claudia Gamon in einer Aussendung fest. Die ÖVP stelle sich mit ihrer Haltung gegen die wirtschaftliche Vernunft.
Wenig abgewinnen kann der Position des Ministers auch die Industriellenvereinigung. Der Handelspakt biete, anders als von einigen Landwirtschafts- und Arbeitnehmervertretern behauptet, durch neue Arbeitsplätze und mehr Wettbewerbsfähigkeit eine einmalige Chance, hieß es in einer Aussendung. Auch mit Blick auf das Klima könne ein neues Momentum entstehen, verwies die IV auf den Wechsel an Brasiliens Staatsspitze und die dadurch erhoffte Kursänderung in Bezug auf den Schutz des Amazonas-Regenwaldes. "Das Mercosur-Abkommen ist eine einmalige Gelegenheit, um europäische Werte zum Schutz von Klima- und Umwelt partnerschaftlich auch nach Südamerika zu exportieren", sagte IV-Präsident Georg Knill dazu.
Zur Mercosur-Freihandelszone gehören Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay. Die EU und die südamerikanischen Mercosur-Staaten hatten vor 2019 eine Grundsatzeinigung für einen Handelsvertrag erzielt. Die EU hofft nun auf eine Unterzeichnung bis Juli.
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