Die drei Phasen der Impflicht: Information, Kontrolle, Vorladung zu Impftermin
Eines der wohl brisantesten Gesetze der letzten Jahrzehnte biegt in die Zielgerade: Kommende Woche soll der Nationalrat die Impfpflicht beschließen, am Montag tagt der parlamentarische Gesundheitsausschuss.
Mehr als 100.000 Stellungnahmen wurden im Begutachtungsverfahren abgegeben, sehr viele davon von Einzelpersonen, von Impfgegnern. Aber auch Behörden haben Bedenken angemeldet: Die Justiz, dass sie mit den Verwaltungsstrafen überfordert sein werde. Und ELGA, weil jene Personen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können, nicht rechtzeitig im System erfasst werden könnten.
Am Sonntag gab die Regierung bekannt, wie die Impfpflicht nun definitiv aussehen soll, und ab wann sie gelten soll.
In aller Kürze:
- Gesetz gilt ab Anfang Februar
- Impfpflicht gilt für Personen ab 18 Jahren
- Ausnahmen für Schwangere und aus medizinischen Gründen
- Ausnahme für Genesene - sechs Monate lang
- Strafrahmen 600 (abgekürzten Verfahren) bis 3.600 Euro (ordentliches Verfahren)
- Keine Beugehaft
Drei Phasen:
- Phase 1: bis 14. März - keine Strafen
- Phase 2: ab 15. März flächendeckende Kontrollen, Strafen beginnen
- Phase 3: Erinnerungsschreiben an Ungeimpfte, Strafen bei Nichteinhaltung von Impftermin
Persönliche Bemerkungen des Kanzlers
Es ist der erste Auftritt von Kanzler Karl Nehammer nach seiner Quarantäne. Er eröffnet die Pressekonferenz mit einer persönlichen Erzählung. "Ich kann aus Überzeugung sagen: Das Impfen nützt und schützt. Ich war positiv getestet. Und die Impfung hat mir ein gutes Gefühl gegeben, dass sich nicht ins Spital, nicht auf die Intensivstation muss. Auch meine Frau und meine Kinder sind geimpft, die ich nicht angesteckt habe. Aber es war ein gutes Gefühl, zu wissen, dass sie geschützt sind."
"Es geht ums Gemeinwohl"
Er wisse, dass viele Menschen immer noch Angst haben vor dem Impfen. "Wir nehmen diese Ängste sehr ernst. Unser Angebot gilt: Suchen wir das Gespräch. Und wenn es Misstrauen gegenüber der Politik gibt - das kann man niemandem verübeln - dann reden Sie mit Ihrem Arzt." Es gehe nicht um den Kampf Geimpfte gegen Ungeimpfte. Es gehe darum, "auszudrücken, was wir durch die Experten fix wissen". Nehammer fordert die Impfskeptiker auf, sich bewusst zu machen, wie viele Menschen sich in Österreich bereits impfen haben lassen. Und wie viel das zur Bewältigung der Pandemie beitrage.
Nehammer: "Für die eigene Gesundheit bin ich selbst verantwortlich und treffe selbst Entscheidungen. Aber wir sind eine Gemeinschaft, und wenn es um die Sicherheit der Gemeinschaft, geht es ums Gemeinwohl, und dafür sind wir alle verantworlich", sagt Nehammer.
"Alles tun, um Freiheit wiederzuerlangen"
Daher die Impfpflicht. Es seien zu viele nicht geimpft, um wieder in Freiheit leben zu können. Daher "stehe ich zu meinem Wort, alles zu unternehmen, damit Freiheit in Österreich kein leeres Wort ist. Das schlimmste sind Lockdowns mit all ihren Auswirkungen auf die Menschen, insbesondere auch die Kinder. Die Freiheit verteidigen geht mit der Impfpflicht".
Nehammer sagt, die Regierung habe intensiv mit den Chefinnen von SPÖ und Neos, Pamela Rendi-Wagner und Beate Meinl-Reisinger, verhandelt, um die Gemeinsamkeit zustande zu bringen.
Die drei Phasen
Phase 1: Es wird eine Eingangsphase geben, in der informiert und überzeugt wird. Die Phase dauert von Anfang Februar bis 15. März.
Phase 2: Ab 16. März wird die Impfpflicht kontrolliert. Man muss gegenüber kontrollierenden Behörden - etwa im Rahmen von Verkehrskontrollen - den Impfnachweis vorlegen. Wenn man nicht geimpft ist, wird man bestraft. Und zwar mit bis zu 600 Euro. Die Obergrenze sind in dieser Phase vier Strafen. Also, wer Pech hat und vier Mal in einem Jahr auf der Straße erwischt wird, muss bis zu 2400 Euro zahlen. Das ist laut Verfassungsministerin Karoline Edtstadler ein "abgekürztes Verfahren": Kontrolle, Anzeige, bei Nicht-Nachweis Strafe.
Phase 3: Danach gibt es eine dritte Phase: Eine Kommission wird begutachten, ob der Impffortschritt reicht. Nur wenn der Impffortschritt nicht reicht, wird Phase 3 ausgelöst: Zuerst gibt es ein Erinnerungsschreiben, sich zu impfen. Sollte das auch nichts nützen, kommt erneut ein Schreiben mit der Vorladung zu einem Impftermin. Wer diesen Termin sausen lässt, bekommt automatisch eine Strafe zugestellt. Diese "Datenübereinanderlegung" (Impfregister und Melderegister) soll nur zwei Mal im Jahr erfolgen, daher gibt es aus diesem Titel maximal zwei Strafen pro Jahr.
Neu ist die Altersgrenze: Die Impfpflicht gilt für alle ab 18 (ursprünglich war 14 geplant). Ausgenommen sind Schwangere, definierte Menschen, die nicht geimpft werden können und Genesene für sechs Monate.
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein sagt, Omikron sei nicht die letzte Corona-Variante. Die Impfpflicht sei eine Vorbeugung für den kommenden Winter.
Impfpflicht kann per Verordnung ausgesetzt werden
Das Gesetz kann auch außer Kraft gesetzt werden, durch Verordnung des Gesundheitsministers, falls die Experten sagen, die Impfung sei nicht mehr das probate Mittel gegen Corona, etwa gegen einen neuen, sehr leichten Typus.
Lockdown für Ungeimpfte bleibt
Nehammer und Mückstein sagen, der Lockdown für Ungeimpfte bleibe aufrecht und werde alle zehn Tage verlängert. Der Lockdown für Ungeimpfte habe mit der Einführung der Impfpflicht nichts zu tun, sondern er richte sich nach der Frage, ob weiterhin durch die Pandemie das Gesundheitssystem an die Grenze der Belastbarkeit gelangen könne. Da Ungeimpfte die Spitäler ungleich mehr belasten als Geimpfte, bleibe der Lockdown für Ungeimpfte bis auf weiteres aufrecht.
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