Es war seine erste große Amtshandlung: Anfang März hat der damals frisch angelobte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne), verkündet, dass das „Scharfstellen“ der Impfpflicht verschoben wird – bis 1. Juni.
Kommende Woche wird also wieder eine Entscheidung fällig. Und wie der KURIER erfuhr, dürfte alles beim Alten bleiben: Die Impfpflicht existiert zwar auf dem Papier, wird aber weiterhin nicht durchgesetzt.
Die Entscheidung vom März basierte auf der Empfehlung einer eigens dafür eingerichteten Kommission: Zwei Juristen und zwei Mediziner prüfen alle drei Monate, ob die Impfpflicht verhältnismäßig und praktikabel ist. Im März befanden die Experten, dass dies aufgrund der Omikron-Variante nicht der Fall ist.
In den vergangenen drei Monaten habe sich an der Situation „nichts großartig geändert“, deshalb werde sich auch an der Einschätzung der Experten „nichts großartig ändern“, heißt es aus informierten Kreisen zum KURIER.
Die Infektionszahlen sind im Rahmen, das Gesundheitssystem steht nicht vor dem Kollaps, die Omikron-Variante ist weiterhin vorherrschend. Und: Die Varianten-Impfstoffe, die besser gegen Omikron mitsamt Mutationen schützen sollen, sind immer noch nicht da.
Effekt könnte verpuffen
Die Kommission wird dann Mitte August zum nächsten Mal prüfen. Da stehen die Chancen schon besser, wie aus dem ersten Kommissionsbericht vom März herauszulesen ist: Die Monate September und Oktober werden als idealer Zeitpunkt für die Auffrischungsimpfung genannt, weil dann die nächste Infektionswelle erwartet wird.
„Impft man zu früh, verpufft ein wesentlicher Teil dieser neu erworbenen Immunität“, heißt es in dem Bericht. Eine mindestens 80-prozentige Immunität in der Bevölkerung sei eine „Grundvoraussetzung“ dafür, um gut über den Herbst zu kommen. Das knappe Timing bezieht sich aber, wie erwähnt, auf die Auffrischungen. Für jene, die noch gar keine Impfung hatten, käme die Impfpflicht im September zu spät.
„Nur kleines Rädchen“
Ob es die Impfpflicht überhaupt noch braucht? Herwig Kollaritsch ist Mitglied der Kommission und will dem Bericht, der gerade finalisiert wird, nicht vorgreifen. Als Impfexperte und Infektiologe sagt er: „Die Impfpflicht ist nur ein kleines Rädchen in der Pandemiebewältigung.“
Die Impfung selbst sei eine gute Basis, nach zweieinhalb Jahren Pandemie wisse man aber auch, dass es zusätzliche Maßnahmen brauche, die sich auch kombinieren lassen: Beispielsweise die Maskenpflicht, Kontaktbeschränkungen oder Medikamente zur Therapie von Covid-Erkrankten. Das eine Mittel, um die Pandemie in den Griff zu bekommen, gebe es nicht, betont Kollaritsch. Und: „Die Impfpflicht wird immer nur die Ultima Ratio, das letzte Mittel, sein.“
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