Mordermittlung nach Steinwurf auf Identitären
13 Verletzte – einer davon schwer. Das ist die Bilanz der Ausschreitungen im Zuge einer Demonstration der sogenannten Identitären am 11. Juni. Nun ermittelt das Landesamt für Verfassungsschutz wegen Mordversuchs. Ein unbekannter Täter hatte einen Stein von einem Hausdach in die Menge geworfen und einen 17-Jährigen Deutschen getroffen. „Wer aus dieser Höhe Steine in eine Menge wirft, nimmt den Tod eines Menschen in Kauf“, sagt ein Polizeisprecher. Der Bursch wurde mit schweren Kopfverletzungen in die Intensivstation des AKH eingeliefert.
Vorbereitete Aktion
Die Polizei untersuchte den Tatort. Auf dem Dachboden fanden die Ermittler neben Plastikkübeln – offenbar für vorbereitete Wurfgeschoße – auch Eisenstangen und eine Aufstiegshilfe zur Dachluke. Auch die Tür zum Dachboden war aufgebrochen. Wie viele Beteiligte es gab, und ob noch weitere Gegenstände auf Demoteilnehmer geworfen wurden, ist Gegenstand laufender Ermittlungen.
„Wir sichten derzeit das Material“, sagt der Polizeisprecher. Man werde aber noch mindestens zehn Tage brauchen, alle Videos auszuwerten. Die Polizei war mit insgesamt 14 Videoteams, einem Videoüberwachungsfahrzeug und einem Hubschrauber im Einsatz. Verhindern konnte das die Straftat nicht.
Für Demo-Organisator Martin Sellner hat diese Gewalt eine neue Dimension erreicht. „Es gab eine allgemeine Hetzstimmung, auch von der Presse wurde aufgehetzt“, sagt Sellner. „Unsere Aktionen sind dagegen gewaltfrei.“
Das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) stuft die Identitären hingegen als Neofaschisten mit professioneller Medienarbeit ein. Sellner selbst hatte vor Jahren engen Kontakt zum mehrfach verurteilten Neonazi Gottfried Küssel. Dass es in der Vergangenheit bei Störaktionen der Identitären zu Raufereien kam, relativiert Sellner. So habe etwa jener Uni-Professor in Klagenfurt, der einen Faustschlag abbekam, zuerst einen Identitären am Hemd gepackt und dieses zerrissen, so Sellner. Aber auch er sieht eine Grenze erreicht: „Alle Kräfte müssen daran arbeiten, dass sich die Gewaltspirale nicht weiterdreht.“
Die „Offensive gegen Rechts“ verurteilt den Vorfall: „Was hier passiert ist, sollte sich die Darstellung der Rechtsextremen und der Polizei bestätigen, finden wir falsch und lehnen wir ab“, sagt Sprecherin Käthe Lichtner. Sie verweist aber darauf, dass rechtsextreme Straftaten in den letzten Jahren stark zugenommen hätten: „Ich würde mir wünschen, dass auch bei rechten Drohungen gegen uns ermittelt wird“, sagt Lichtner. Das Mittel, um rechtsextreme Aufmärsche zu verhindern, sei jedenfalls ziviler Ungehorsam: „Breite und bunte Blockaden, von denen keine Eskalation ausgeht.“
Polizei ersucht um Hilfe bei Fahndung
Die Polizei veröffentlichte am Donnerstag Bildmaterial zum Tatgeschehen und Ablauf der Steinattacke und ersuchte sowohl Medienvertreter, als auch Privatpersonen um deren Videoaufzeichnungen. Diese sollen sich ebenso wie Personen mit zweckdienlichen Beobachtungen beim Landesamt Verfassungsschutz unter der Telefonnummer 01/31310/74035 melden.
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