Freiheitlicher Machtkampf: Kickl als FPÖ-Chef noch nicht fix

++ ARCHIVBILD ++ FPÖ: NORBERT HOFER TRITT ALS PARTEICHEF ZURÜCK / HOFER; KICKL
Niemand war eingeweiht, niemand wurde als Nachfolger designiert: Fluchtartig verlässt Norbert Hofer die FPÖ-Spitze. Hinter ihm beginnt ein Machtkampf. Kickl meint, er sei "bereit".

In den Morgenstunden wollte er noch weitermachen. Die Entscheidung fiel erst Dienstagvormittag, nach einem Gespräch mit seiner Frau.

"Wir haben beschlossen, das Leben zu genießen. Ich mag einfach nicht mehr“, sagt Norbert Hofer über seinen überraschenden Entschluss, den Job als FPÖ-Parteichef an den Nagel zu hängen.

Mit seinem überraschenden Schritt erwischte er die blauen Parteifreunde am völlig falschen Fuß. Niemand wusste von dem Rücktritt. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl wanderte mit Parteifreunden zum Waxriegelhaus am Fuß der Rax. Man scherzte und lachte, stemmte Bierkrüge – und saß zum Teil sogar im Funkloch, als die Rücktrittsmeldung eintrudelte.

Dem nicht genug, lässt Hofer auch die Nachfolge ungeregelt. "Nicht einmal zurücktreten kann er!“, ätzt ein erzürnter FPÖler zum KURIER.

Denn Hofers Rücktritt verlief eher bizarr: Dienstagnachmittag lief über den Kurz-Nachrichtendienst Twitter die Nachricht, dass Hofer zurückgetreten sei. In einem Tweet schrieb er "Heute ist mein erster Tag nach der Reha – und mein erster Tag nach der Tagespolitik – Ich lege meine Funktion als Bundesobmann zurück.“

Aber Hofer, so hieß es auf Twitter, habe die Nachricht mittlerweile wieder gelöscht.

Konnte das wahr sein? Konnte Norbert Hofer, der Parteichef der FPÖ, der erfolgreichste Bundespräsidentschaftskandidat der Freiheitlichen mit zwei Millionen Wählern, konnte sich ein langjähriger Profi tatsächlich selbst so zurücktreten? Mit einer verirrten, gleich wieder gelöschten Kurznachricht?

Ja, er konnte.

Und die Erklärung für den Rückzug ist simpel. In der Rehabilitation, so sagt Hofer, sei er zur Erkenntnis gekommen: "Die Tagespolitik interessiert mich nicht mehr. Parteichef war ein Job, den ich eigentlich nie haben wollte.“

Nach dem Ibiza-Skandal im Jahr 2019 folgte Hofer dem zurückgetretenen Heinz-Christian Strache. Wirklich begeistern konnte er sich für den Job aber nie. Immer wieder betonte er in Hintergrundgesprächen: Wenn er jemanden finden würde, der ihm den Job abnehme, gebe er die Funktion gerne her.

Drei Wochen hat er nun nachgedacht, wie die Zukunft aussehen solle. Mit 50 will er einmal noch eine neue berufliche Herausforderung annehmen. Wohin die Reise geht, das weiß Hofer selbst noch nicht. Stress macht er sich keinen – bis zur nächsten Wahl will er den sicheren Job als Dritter Nationalratspräsident ausfüllen.

Steht die Frage im Raum: Hat Herbert Kickl mit den permanenten Attacken gegen Hofer in den vergangenen Wochen sein Ziel erreicht? An der Stelle lacht Hofer laut und sagt: „Den Druck habe ich mir selber gemacht“. Groß erklären wird sich Hofer den Parteifreunden übrigens nicht – stattdessen fliegt er im eigenen Privatflugzeug übers verlängerte Wochenende nach Kroatien.

Stefan übernimmt

Wie geht’s nach dem ersten Schockmoment nun weiter?

In einer Art Notgeburt musste innerhalb kürzester Zeit ein Interimsnachfolger gefunden werden.

Interimschef wird laut KURIER-Informationen offenbar Harald Stefan. Laut FPÖ-Statuten übernimmt nämlich in so einem Fall der an Dienstjahren Älteste die Parteiführung.

Stefan ist seit 13 Jahren Nationalratsabgeordneter und Obmann der FPÖ Simmering. Bis zum nächsten Parteitag leitet voraussichtlich er die Geschicke der Partei. Allerdings werden in der Partei bereits Stimmen laut, dass Kickl übernehmen soll. Dieser meinte, er sei "bereit, meinen Beitrag dazu zu leisten." Man könnte auch sagen: Der Krieg um die Nachfolge hat begonnen.

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