Norbert Hofer zählt zu jenen, eher wenigen Politikern in der FPÖ, die halbwegs gemäßigt und verlässlich sind. Dass Hofer seinen Rückzug von der FPÖ-Spitze derart chaotisch gestaltet, legt den Schluss nahe, dass er sich zuletzt von seiner Partei schlecht behandelt fühlte. Sonst tut man das einer Gesinnungsgemeinschaft, der man Jahrzehnte angehört hat, und in die man Lebensenergie investiert hat, nicht an: ohne geordnete Übergabe einfach das Cockpit zu verlassen, das hätte ein Sportsmann und Flieger wie Hofer unter normalen Umständen wohl nicht getan.
Der überfallsartige Rückzug sieht eher nach Abbrechen aller Brücken aus. Ob Hofer unter solchen Umständen kommendes Jahr glaubhaft ein Bundespräsidentschaftskandidat werden kann? Schaut nicht danach aus.
Noch weniger vorstellbar ist, dass Hofer die FPÖ in die nächste Nationalratswahl führt. Da wird nun Herbert Kickl selbst oder ein Jungspund seiner schrillen Façon das Ruder an der Parteispitze übernehmen.
Das führt unmittelbar zur nächsten Frage: Was bedeutet Norbert Hofers Rückzug für das österreichische Parteienparallelogramm?
Die ÖVP kann zwei Mal lachen und einmal weinen. Das Chaos bei der FPÖ lenkt die Aufmerksamkeit von den vielfachen ÖVP-Problemen etwas ab. Doch nur kurz. Einen nachhaltigeren Vorteil für die ÖVP bringt, dass aus der FPÖ-Doppelspitze mit dem gemäßigten Hofer und dem schrill-populistischen Kickl nun eine auf Kickl verengte Linie wird. Die FPÖ-Doppelstrategie (so es denn eine war, und nicht nur zufällig aus einer internen Parteidynamik heraus entstand) hat zuletzt für die FPÖ Früchte getragen. Von der Kurz-ÖVP Enttäuschte sind zur FPÖ zurückgewandert. Eine Kickl-FPÖ ohne Hofer ist jedoch für Bürgerliche weniger attraktiv.
Aber für Sebastian Kurz bedeutet Hofers Abgang auch einen Verlust: Die FPÖ ist nun endgültig keine Regierungsoption mehr für die Türkisen. Die Möglichkeit, dass Hofer 2022 als einziger Gegenkandidat zu Alexander Van der Bellen ein achtbares Ergebnis weit über den blauen Parteiwerten erzielt und auf dieser Welle die FPÖ in die Nationalratswahl führt, erscheint unter den aktuellen Ereignissen unrealistisch. Das stärkt die Grünen als einzige Regierungsoption der ÖVP.
Für die radikal-oppositionellen Neos tut sich ohne Hofer eine Chance auf rechts-bürgerliche Stimmen auf.
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat zumindest einen atmosphärischen Vorteil: Ihr nobler Stil hebt sich, nach der Resignation eines Gemäßigten, vom aggressiven Parteiengezänk noch besser ab.
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