Das Gutachten stammt von österreichischen Wissenschaftern, die anonym bleiben wollen – der Exxpress hat laut eigener Darstellung den deutschen Plagiatsjäger Martin Heidingsfelder um eine Prüfung dieses Gutachtens gebeten.
Im Gespräch mit dem KURIER erklärt Heidingsfelder, er sei „eigentlich ein Anhänger grüner Politik“ – aber er sei der Meinung, „wenn man solche Verfehlungen hat als Justizministerin, ist man nicht tragbar“. Und er halte diese Verfehlungen auch für so schwerwiegend, „dass der Titel (Doktorat; Anm.) aberkannt werden muss“.
Heidingsfelder verweist auch auf den „hohen moralischen Anspruch“ gerade grüner Politik – da müsse man dann sagen, „das geht ja gar nicht – und dann noch Justizministerin!“.
Als besonders schwerwiegend empfindet Heidingsfelder, dass Zadić die Gliederung ihrer Arbeit von einer Vorlage übernommen habe (ein sogenanntes „Strukturplagiat“): das komme selten vor, das seien schon „die extremen Plagiate“.
Es geböte der „Anstand“, dass Zadić zurücktrete, bevor ihr der Doktortitel aberkannt werde, ein Aussitzen sei nicht möglich. Und der Plagiatsjäger fügt sarkastisch hinzu: „Das können sich nur Leute wie Franziska Giffey in Deutschland leisten, aber das darf nicht in Österreich auch noch einreißen“ (die SPD-Politikerin und frühere Familienministerin Giffey wurde trotz aberkanntem Doktorgrad Berliner Bürgermeisterin; Anm.).
Ministerin wehrt sich
Der Titel der englischsprachigen Dissertation von Zadić lautet: „Transitional Justice in Former Yugoslavia. The Influence of the ICTY on the development of the rule of law in Bosnia and Herzegovina, Croatia and Serbia“, es geht also um die Rolle des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien.
Das Gutachten hält lapidar fest: „Hätte die Verfasserin wirklich alle Stellen, an denen sie Gedanken […] aus der Literatur bezogen hat, mit Quellen belegt, hätte fast jeder (oder jeder) Satz der Dissertation eine Fußnote erhalten müssen.“
Aus dem Büro von Ministerin Zadić hieß es auf KURIER-Anfrage nur: „Die Vorwürfe wurden bereits vor mehreren Wochen als falsch zurückgewiesen: Die Dissertation ist als englischsprachiges Werk streng nach den Zitierregeln des Harvard-Bluebook verfasst. Das entspricht dem in den Rechtswissenschaften international anerkannten wissenschaftlichen Standard.“
Am Montagabend wurde bekannt, dass die Universität Wien bis Mitte März über die Einleitung eines Plagiatsverfahrens gegen Zadić entscheiden will.
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