"Schwerwiegendes“ Plagiatsfragment: Justizministerin weist Vorwürfe weiter zurück

Nahaufnahme der Definition von „Plagiat“ in einem Wörterbuch.
Plagiatsforscher Stefan Weber wirft Alma Zadić vor, ihre Dissertation enthalte Plagiate.

Wissenschaft. Erst das Buch der nunmehrigen deutschen Außenministerin Annalena Baerbock, dann die Diplomarbeit von Österreichs Frauenministerin Susanne Raab und jetzt die Dissertation von Justizministerin Alma Zadić: Manch einer kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Plagiatsgutachter Stefan Weber sich seit dem Rücktritt der von Christine Aschbacher (sie trat im Jänner 2021 nach von Weber erhobenen Plagiatsvorwürfen als Arbeitsministerin zurück) an Politikerinnen abarbeitet. Hat er eine Agenda?

 "Nein“, sagt Weber auf KURIER-Nachfrage.

Von 15 Personen, die er von 2007 bis  2021 des Plagiats bezichtigt hat, sind elf Männer und vier Frauen. Mit  Raab und Zadić kamen nun zwei Frauen dazu. Weber weist auch darauf hin, dass die Personen der SPÖ, der ÖVP und den Grünen angehörten bzw. er sich auch den FPÖ-Historikerbericht  vorgenommen hat. „Der Zusammenhang von Geschlecht oder Parteizugehörigkeit und wissenschaftlichem Fehlverhalten interessiert mich empirisch nicht. Mich interessiert die Veränderung der Zitierkultur und warum in Österreich oftmals so laxe Ansichten und Regeln herrschen“, sagt er. In Zadićs Dissertation habe er nun nach erneuter Sichtung vier Plagiatsfragmente gefunden, davon „ein schwerwiegendes in den ‚eigenen‘ Schlussfolgerungen“.  Aus dem Justizministerium heißt es dazu auf Anfrage, man habe nichts zum bisher Gesagten hinzuzufügen, die Vorwürfe seien „absolut unseriös und falsch“.

Alma Zadic gestikuliert während eines Gesprächs.

Justizministerin Alma Zadic: "Vorwürfe sind unseriös und falsch"

Auch Ingeborg Zerbes, Stv. Vorständin des Instituts für Strafrecht und Kriminologie, an dem die Arbeit 2017 eingereicht wurde, bezeichnete die Arbeit als „völlig in Ordnung“.  Zerbes leitete 2020/21 die von Innen- und Justizministerium eingesetzte Untersuchungskommission zu den Terroranschlägen in Wien. Zerbes verweist darauf, dass die Suchmaschinen, mit denen Plagiate gesucht werden, fehleranfällig sein können  und einer „Nachkontrolle aus fachlicher Perspektive“ bedürfen. Weber hält dagegen: „Kann Frau Zerbes das innerhalb kürzester Zeit beurteilen? Sie war doch weder Betreuerin noch Begutachterin.“ 

Im Bezug auf Raabs Arbeit spricht Weber nicht von Plagiat, aber: „Was  ist aus Werten wie korrekter Quellenarbeit und Präzision geworden?“
„Geschäftsmodell“ Abseits der Debatte um eine  politische Agenda taucht immer öfter die Frage nach den Auftraggebern Webers und  der Bezahlung auf.  Tatsächlich wird Weber teilweise beauftragt, wie er dem KURIER sagt. Im Falle Zadićs sei eine „kursorische Softwareprüfung“ im Jahr 2020 von einer Privatperson bezahlt worden – mit einer Summe im „weit unteren vierstelligen Bereich“, so Weber.

Die Prüfung der Dissertation erfolge unbezahlt. „Es ist die wissenschaftliche Neugierde, der Ansporn, den Subtext unter dem Text freizulegen, der mich antreibt. Das ist für mich so eine Art Text-Archäologie, ich verstehe das auch als wissenschaftliches Arbeiten“, sagt Weber. Er verstehe, dass sein „Geschäftsmodell“ der Plagiatsprüfung auf Missfallen stößt. „Es spricht nichts dagegen, daraus endlich eine Wissenschaftsdisziplin zu machen.“ In Deutschland würden seit 2012 für juristische Arbeiten viel strengere Regeln gelten. „Da würden einige in Österreich schaudern. Ich bin dran, mit dem Ministerium die Zitierstandards besser zu kommunizieren.“  

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