Gesundheitsministerium: Ein Atom-Experte als Corona-Manager
Manfred Ditto: ein Name, den man sich merken sollte.
Er ist derzeit Leiter der Abteilung für Strahlenschutz, Umwelt und Gesundheit im Gesundheitsministerium. (Keine Sorge, eine atomare Katastrophe steht uns nicht bevor – zumindest nicht, soweit bekannt ist.) Manfred Ditto soll die Republik künftig durch die Pandemie navigieren.
Das hat mit dem Umbau des Gesundheitsministeriums zu tun. Der erste Schritt erfolgt morgen, Montag, durch das Inkrafttreten der neuen Geschäftseinteilung.
„Chief Medical Officer“
Das bedeutet, dass die Sektionen, also die Verwaltungseinheiten, im Ministerium umgekrempelt werden – drei der sieben so stark, dass die Sektionsleitungen neu ausgeschrieben werden müssen. Das sind die Sektion III (Konsumentenpolitik), die Sektion VI (Humanmedizinrecht) und die Sektion VII (Öffentliche Gesundheit).
In Letzterer wird Ditto vorübergehend vom Abteilungs- zum Gruppenleiter aufsteigen, solange die Ausschreibung für die Führung der Sektionsspitze läuft. Und als solcher wird er schon ab Montag jene Aufgaben erledigen, die auch der spätere Sektionschef – unter dem neuen Titel "Chief Medical Officer“ – in dieser Pandemie hat.
In seine Zuständigkeit fallen dann auch der öffentliche Gesundheitsdienst, das Impfwesen, die Seuchenbekämpfung und das Krisenmanagement – eben die Umsetzung der Corona-Strategie des Bundes. Der "Chief Medical Officer“ soll zudem zwischen Ministerium und den Gesundheitsbehörden der Länder koordinieren und in der breiten Öffentlichkeit Sprachrohr in Gesundheitsbelangen sein.
Diesen Posten gab es schon einmal: Von 2011 bis 2017 war die heutige SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner Generaldirektorin für Öffentliche Gesundheit – quasi oberste Amtsärztin der Republik.
Physiker, kein Arzt
Rendi-Wagner ist Ärztin, Ditto ist Physiker. Dem Vernehmen nach soll er trotzdem gute Chancen auf den Job haben.
Wie ein Strahlenschutz-Experte mitten in einer Pandemie da ins Profil passt? So abwegig ist das nicht, wird intern erklärt.
Ditto ist seit 2000 im Ministerium tätig, war davor acht Jahre lang in einer nachgeordneten Dienststelle, und ist seit 2011 in einer Führungsfunktion. Er kenne den Bereich Gesundheit des Hauses wie kein Zweiter, heißt es. Spezialisiert ist der bald 60-Jährige auf medizinische Physik und die Notfallplanung für Reaktorunfälle. Er gilt als höchst kompetent – weit über sein Fachgebiet hinaus.
Nicht ohne Grund ist Ditto außerdem Verbindungsbeamter des grünen Ministers Anschober ins türkise Innenministerium. Er ist im dort angesiedelten Staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagement (SKKM) vertreten.
Und: Ditto war schon bis 2018, als FPÖ-Ministerin Beate Hartinger-Klein die Sektion für Öffentliche Gesundheit aufgelöst hat, stellvertretender Sektionschef. Mit der Neuaufstellung der Sektion (damals IX, jetzt VII) könnte Ditto also durchaus zum Chef aufsteigen – und damit oberster Corona-Manager werden.
„Richtiger“ Zeitpunkt
Generalsekretärin Ines Stilling bestätigt im KURIER-Gespräch, dass Ditto vorerst zum Gruppenleiter aufgewertet wird. Ob er sich dann auch als „Chief Medical Officer“ bewirbt, sei ihm überlassen. Der Ausschreibungsprozess startet demnächst, bis Jahresende sollen der Umbau samt Neubesetzungen abgeschlossen sein.
Kritik am Umbau gab es zuletzt von Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker: "Mitten in der größten Gesundheitskrise der Zweiten Republik baut Minister Anschober sein Haus um – das wird das Chaos nicht mildern“, sagt er.
Dem hält Generalsekretärin Stilling entgegen, dass der Umbau ja schon vor Ausbruch der Pandemie geplant war. Den "richtigen Zeitpunkt“ für so etwas gebe es nicht – und "ruhiger“ werde es in absehbarer Zeit auch nicht. "Die Pandemie wird uns noch länger begleiten. Je früher wir die neuen Strukturen schaffen, desto besser sind wir für die nächste Zeit gerüstet.“
Aus Fehlern gelernt
So bekommt etwa der Corona-Krisenstab in der neuen Sektion VII eine eigene Abteilung. Dort sollen auch Konzepte und Ablaufpläne für künftige Epidemien bzw. Pandemien erarbeitet werden. "Damit wir beim nächsten Mal sofort wissen, was zu tun ist, und nicht wieder alles auf die grüne Wiese stellen müssen“, sagt Stilling.
Das gesamte Gesundheitssystem habe in dieser Pandemie "sehr viel gelernt“, auch bzw. vor allem aus Fehlern. Die schon lange existierenden Strukturschwächen und Personalmängel seien da unübersehbar geworden.
Zusätzliches Personal
Die zusätzlichen Juristen, die Gesundheitsminister Anschober im Zuge des Chaos um die Verordnungen versprochen hat, sollen in die Sektion VI, Humanmedizinrecht, kommen. Und auch der Krisenstab brauche zusätzliches Personal, sagt Stilling. Im Budget für 2021, das kommende Woche präsentiert wird, sollte das Berücksichtigung finden.
Einen eigenen Krisenstab bekommt übrigens auch die Sektion III, Konsumentenpolitik, wo auch das Veterinärwesen angesiedelt ist. Gedacht ist dieser Krisenstab für Seuchen bei Tieren, etwa die Vogel- oder die Schweinegrippe.
In Anschobers Ministeriums will man offenbar nichts mehr dem Zufall überlassen. Auch das hat man aus dieser Krise gelernt.
Das sind die neuen Sektionen
Sektion I: Präsidialangelegenheiten und Support
Sektion II: Sozialversicherung
Sektion III: Konsumentenpolitik. Leitung wird neu ausgeschrieben
Sektion IV: Pflegevorsorge, Behinderten- und Versorgungsangelegenheiten
Sektion V: Europäische, internationale und sozialpolitische Grundsatzfragen
Sektion VI: Humanmedizinrecht und Gesundheitstelematik. Neue Leitung wird ausgeschrieben
Sektion VII: Öffentlicher Gesundheitsdienst und Gesundheitssystem. Auch hier wird ein neuer Chef gesucht
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