Was sich Patientenvertreter von der Gesundheitspolitik wünschen
Für Patientenanliegen gibt es unterschiedliche Ansprechpartner, die in der Öffentlichkeit mitunter verwechselt werden: Allen voran die Patienten- und Pflegeanwälte. Dabei handelt es sich um gesetzlich in jedem Bundesland eingerichtete unabhängige und weisungsfreie Institution der Länder mit zwei wesentlichen Aufgaben:
Die Vertretung allgemeiner Patienteninteressen in diversen Gremien zur Verbesserung des Gesundheitssystems und
die individuelle Vertretung von Patienten – etwa bei außergerichtlichen Verfahren im Zusammenhang mit möglichen Behandlungsfehlern.
Zusätzlich gibt es die zahlreichen Patienten- oder Selbsthilfeorganisationen, in denen Patienten auf Basis ihrer persönlichen Expertise andere Betroffene in ihrem Alltag begleiten und sie vor allem in gesundheitlichen und sozialen Fragen unterstützen.
Der KURIER hat mit Angelika Widhalm, Vorsitzende des Bundesverbands Selbsthilfe Österreich, und Michaela Wlattnig, Sprecherin der ARGE der Patienten- und Pflegeanwaltschaften, darüber gesprochen, welche politischen Schritte nötig sind, um auf beiden Ebenen die Situation der Patienten zu verbessern.
Mehr Reche für Selbsthilfegruppen
Für Widhalm längst überfällig ist allen voran eine rechtliche Stärkung der Patientenorganisationen, wie sie von der EU vorgegebenen wird und in anderen Ländern schon üblich ist. Und zwar in Form eines eigenen Patientenbeteiligungsgesetzes. Darin soll festgelegt werden, dass Patientenvertreter in allen wichtigen Entscheidungsgremien für Gesundheitsfragen sitzen. „In den Niederlanden oder in Skandinavien etwa gibt es längst keine Betriebsgenehmigung für neue Klinikbauten, ohne dass nicht Patientenorganisationen daran beteiligt waren“, schildert Widhalm ein Beispiel aus der Praxis.
Ein besonderes Anliegen bleibt für Widhalm, dass Patientenvertreter auch in das umstrittene geplante Bewertungsboard geladen werden und „im Sinne der Patientinnen und Patienten mitbestimmen können“.
In diesem Gremium, das im Zuge der Gesundheitsreform entstehen soll, werden Empfehlungen für den Einsatz neuer, hochpreisiger Arzneien erarbeitet.
Bessere Regeln für Finanzierung
Weiters plädiert sie für eine einheitliche Regelung für die Förderung der Selbsthilfegruppen durch den Bund. „Als Vorbild könnte Deutschland herangezogen werden, wo pro Versicherten 1,59 Euro pro Jahr in einen Fonds fließen, der für die Basis- und Projektfinanzierung herangezogen wird“, sagt Widhalm.
Für Patientenanwältin Wlattnig seien wiederum mehr Maßnahmen nötig, um das solidarische Gesundheitssystem zu erhalten. „Es ist in eine deutliche Schieflage geraten, wie man zum Beispiel an der wachsenden Zahl an Wahlärzten sieht.“ Für eine steigende Anzahl von Menschen stellt sich die Frage der Leistbarkeit und zeitnahen Verfügbarkeit von Gesundheitsleistungen. Auch das Bewusstsein für Vorsorge sei noch deutlich ausbaufähig.
Pflege ausbauen
Dies gelte auch für den Pflegebereich. „Vor allem die Schnittstelle zwischen stationärer und häuslicher Pflege ist noch nicht ausreichend ausgebaut“, sagt Wlattnig.
Knackpunkt bei der Pflege sei das Personal. Die jüngsten Reformpakete der Regierung würden in die richtige Richtung gehen. Nun sei es wichtig, dass die Bundesländer diese auch umsetzen. „Ansonsten wird man überlegen müssen, mit einer Grundsatz-Gesetzgebung Personalschlüssel und -zusammensetzung vorzugeben.“
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