Bittere Pille
Wie bitter wäre es also für die Grünen, wenn Willi sein Amt – in einem Jahr mit EU- und Nationalratswahl – nicht verteidigen könnte? „Bitternis ist eine Geschmacksfrage“, so Kogler. „Es wäre bekömmlicher, wenn Georg Willi hier weitermachen kann.“
Das ist freilich alles andere als sicher. Der als bürgerlich geltende Grüne muss vielmehr zittern, ob er nach der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl am kommenden Sonntag überhaupt noch im Rennen um sein Amt ist und den Einzug in eine als sicher geltende Stichwahl schafft.
Die Regierungszeit des langjährigen Aushängeschilds der Landes-Grünen war geprägt von eigenen Fehltritten und Blockaden durch seine Gegner. Der Gemeinderat geriet zum Intrigantenstadel. Bei Grünen, FPÖ, SPÖ und ÖVP gab es Abspaltungen. All das muteten an wie ein Ableger der Serie „House of Cards“, die sich um Polit-Ränkespiele in Washington dreht.
Die Weichen dazu hat Willi gewissermaßen selbst gestellt, als er 2019 die Abwahl seiner Vorgängerin und damaligen Koalitionspartnerin Oppitz-Plörer als Vizebürgermeisterin ermöglichte. Formal bestand das Bündnis aus ihrer Liste, Grünen, ÖVP und SPÖ zunächst weiter. Als Anfang 2021 Markus Lassenberger (FPÖ) mit Stimmen aus der Koalition zu Willis Vizebürgermeister gewählt wurde, war endgültig Schluss.
Vereinigung mit Panne
Ein derart angeschlagener Bürgermeister hätte ein gefundenes Fressen für die ÖVP sein können. Sie holte die 1994 vom späteren Landeshauptmann Herwig van Staa gegründete Abspaltung FI und Oppitz-Plörer zurück ins Boot. Im Verbund mit dem bis dato eigenständig angetretenen Seniorenbund wurde „Das neue Innsbruck“ aus der Taufe gehoben.
Mit dem kürzlich als ÖVP-Staatssekretär zurückgetretenen Florian Tursky an der Spitze sollte das bürgerliche Bündnis das Bürgermeisteramt – bis zur Kür Willis stets in Hand von ÖVP und später FI – zurückerobert werden.
Doch die Rechnung wurde ohne den Wirt gemacht. Johannes Anzengruber, ehemaliger Betreiber einer städtischen Alm, sah sich als ÖVP-Vizebürgermeister als die logische Nummer eins und wollte nicht klein beigeben.
Er hatte bereits 2018 nur über einen Vorzugsstimmenwahlkampf den Sprung in den Gemeinderat geschafft und sich später mit einer Revolte im Klub auf den Stellvertretersessel neben dem grünen Bürgermeister gehievt. Nun tritt er mit eigener Liste an und scheint gut im Spiel.
Die Erfolgsaussichten für das Bündnis von Tursky werden dadurch beträchtlich geschmälert. Reüssiert der 35-Jährige nicht, wäre das ein herber Schlag für die ÖVP, die ohnehin in urbanen Räumen schwächelt. Zumal „Das neue Innsbruck“ erheblichen Aufwand betreibt.
Für Tursky haben sich in den vergangenen Wochen Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, mehrere ÖVP-Minister, der amtierende Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle und seine beiden Vorgänger ins Zeug geworfen.
Bei 13 antretenden Listen und ebenso vielen Bürgermeisterkandidaten ist ein enges Rennen zu erwarten. Die FPÖ tritt selbstbewusst auf und darf sogar auf Platz eins und einen Einzug von Lassenberger in die Stichwahl hoffen. Die SPÖ hat sich neu aufgestellt und will ausgehend von einem historischen Tief zulegen.
Für die Neos könnte hingegen sogar eine erstmals geltende Vier-Prozent-Hürde zum Problem werden. Diese mit Rückenwind aus Salzburg zu überspringen, versucht indes auch die KPÖ. „Das wäre historisch“, sagt Spitzenkandidatin Pia Tomedi. Zuletzt eroberten die Kommunisten in Innsbruck 1965 ein Mandat im Gemeinderat.
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