FPÖ wird Aufregung um "Ratten-Gedicht" nicht mehr los
Hatte die FPÖ gehofft, mit dem Rücktritt des Braunauer Vizebürgermeisters sei die Causa „Ratten-Gedicht“ erledigt, hat sie sich geirrt. Vielmehr schaukelte sich die Debatte um die rassistisch konnotierten Verse am Mittwoch weiter auf – bis sich sogar Bundespräsident Alexander Van der Bellen eingeschaltet hat.
In einer Aussendung warnte das Staatsoberhaupt vor einer „Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas in unserem Land“ und Hetze gegen Minderheiten, die man nie akzeptieren werde. Schon am Dienstag hatte Van der Bellen Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in die Hofburg zitiert und ihn ins Gebet genommen.
SPÖ: Misstrauensantrag und dringliche Anfrage - Kurz kontert mit Kritik an Pöchhacker-Comeback
Für die FPÖ kommt die Diskussion zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Eigentlich wollte sie am Dienstag in den Intensivwahlkampf für die EU-Wahl am 25. Mai starten. Doch dafür interessiert sich derzeit kaum jemand. Stattdessen musste sich Spitzenkandidat Harald Vilimsky in der ZiB2 Fragen zum „Ratten-Gedicht“ und einem Cartoon der steirischen FPÖ-Jugend mit eindeutig rassistischen Zügen stellen.
Moderator Armin Wolf zog gar einen Vergleich zu Karikaturen im NS-Propagandablatt „Der Stürmer“, was bei Vilimsky das Fass zum Überlaufen brachte. Unverhohlene Drohungen in Richtung Wolf – „das kann nicht ohne Folgen bleiben“ – waren die Folge.
Empörend findet das Interview auch der blaue ORF-Stiftungsratsvorsitzende Norbert Steger. Er attestiert Wolf eine politische Schlagseite, schließt konkrete Konsequenzen für den Anchor aber aus.
Während sich die FPÖ über Wolf empörte, empörte sich die Opposition über Vilimsky: "Es vergeht weiterhin kein Tag, an dem die FPÖ nicht an den Grundfesten der Demokratie sägt", meinte SPÖ-Mediensprecher Thomas Drozda. Auch der ORF-Redakteursrat hat gegen die "persönliche Bedrohung von ZiB2-Moderator Armin Wolf" protestiert.
Für die Opposition sind die freiheitlichen „Einzelfälle“ natürlich ein gefundenes Fressen. Die SPÖ wird sie am Donnerstag im Nationalrat mit einer dringlichen Anfrage an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und einem Misstrauensantrag gegen Vizekanzler Strache zum Thema machen.
Da wird Kurz allerdings schon in China sein, wo er in den kommenden Tagen mit den Spitzen der Großmacht zusammentreffen wird.
FPÖ kontert SPÖ
Indes ging die Koalition ihrerseits in die Offensive und ortete bei der SPÖ mangelnde Konsequenzen bei Verfehlungen. Konkret geht es um den früheren SPÖ-Kampagnenstrategen Paul Pöchhacker. Dieser war im Nationalratswahlkampf 2017 einer der Betreiber einer Facebook-Seite, die mitunter rassistische Fake-News über ÖVP-Chef Kurz verbreitete.
Im Zuge der Debatte um Dirty Campaigning hatte sich die SPÖ seinerzeit von Pöchhacker getrennt. Mittlerweile soll seine Firma wieder für die Roten tätig sein. Damit habe SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner "jedwede moralische Legitimation" verloren, erklärte FPÖ-Chef Strache am Mittwoch.
Neuer Braunauer Vizebürgermeister kommende Woche
Der Rücktritt des Braunauer Vizebürgermeisters Christian Schilcher, der mit der Veröffentlichung seines "Ratten-Gedichts" Kritik aus allen politischen Lagern auf sich gezogen hat, ist mittlerweile offiziell vollzogen, ebenso sein Parteiaustritt. Das gab Bezirksparteiobmann Landtagsabgeordneter David Schießl am Mittwoch bekannt. Ein Nachfolger soll kommende Woche bestimmt werden.
Kommentare