FPÖ: "Wir wollen einen Schlussstrich unter den Namen Strache ziehen"
„Zusammenhalt ist in diesen Stunden so wichtig wie nie zuvor. Meinen Beitrag leiste ich durch die Aufklärungsarbeit und durch aufrichtige Verbundenheit gegenüber dem freiheitlichen Lager.“ Heinz-Christian Strache erklärt sich und seine Parteimitgliedschaft am 1. Oktober 2019 für ruhend.
Sein Beitrag ist zu gering, seine Verbundenheit einseitig, der Zusammenhalt Geschichte – so wie er selbst.
Es reicht der FPÖ unter Norbert Hofer nicht, dass das einfache Parteimitglied Strache sich zurückzieht und „keine politische Funktion anstrebt“, wie er in seiner Erklärung am Dienstag sagte. Stunden nach dem Statement wurde Strache von Hofer suspendiert. Hinauskomplimentiert aus der „freiheitlichen Familie“, deren Teil er nicht mehr sein soll. Wie übrigens auch Ehefrau Philippa, die für viele Funktionäre mehr geduldet denn geachtet war, wie sie in KURIER-Gesprächen betonen.
„Die Frau vom Chef“
„Sie hat sich keine Freunde gemacht und hat keine Lobby. Sie war die Frau vom Chef“, sagt ein FPÖ-Mandatar. Die 32-Jährige habe „großen, und teils schlechten Einfluss auf den Chef“ gehabt, den fast alle nur mehr „Heinz“ oder „Herr Strache“ nennen.
Keine Rede mehr von „Chef“, „HC“ oder gar „StraCHE“ (in Anlehnung an Guerilla-Kämpfer Che Guevara ließ sich Strache in den 2000ern als FP-Freiheitskämpfer inszenieren), seit bekannt ist, dass Strache dank der Wiener FPÖ über ein Spesenkonto (10.000 Euro/Monat) und einen Mietkostenzuschuss (2.500 Euro/ Monat) verfügte.
Die „Frau vom Chef“, die auf der FP-Homepage als Tierschutzbeauftragte firmiert und für Social-Media-Aufgaben dem Vernehmen nach seit drei Jahren zwischen 9.500 und 11.000 Euro kassiert, zieht seit geraumer Zeit Kritik auf sich.
Die „Frau vom Chef“, die auf der Wiener Landesliste auf Platz 3 kandidierte und in den Nationalrat einziehen will – aber nicht wird, wie es in der FPÖ auf KURIER-Nachfrage unisono heißt. Erst am Samstag erklärte Oberösterreichs Parteichef Manfred Haimbuchner via profil, Strache werde sicher nicht Teil des blauen Parlamentsklubs.
„Wir wollen einen Schlussstrich ziehen unter den Namen Strache. Das Spesenkonto hat uns in der letzten Woche vor der Wahl die 20 Prozent gekostet. Das alles hat über ihr politisches Schicksal entschieden“, sagt ein ranghoher FP-Mann zum KURIER. Die Entscheidung über Philippa Straches Nationalratsmandat sei also längst gefallen.
Öffentlich werden soll das indes erst Montagabend nach der Vorstandssitzung der Wiener FPÖ. Maßgeblich dazu beizutragen hat ein Mann: Harald Stefan. Der Notar und FPÖ-Justizsprecher hat zwei Möglichkeiten, sein Mandat anzunehmen. Und er wird sich wohl gegen Philippa Strache und für die Parteiräson entscheiden. Das ist insofern bemerkenswert, als es wider die Usancen ist, wie Heinz-Christian Strache selbst auf seiner Facebook-Seite anmerkt. Und es ist insofern bemerkenswert, als es Stefan menschlich wie moralisch viel abverlangt.
Der Jurist ist seit den 2000er Jahren an Straches Seite und bis zu dessen Rücktritt einer seiner Stellvertreter als Bundes- wie Wiener Landesparteiobmann. Das wissen alle Beteiligten und das lässt Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger in der Tiroler Tageszeitung sagen: „Natürlich gibt es persönliche Freundschaften, aber um die kann es jetzt nicht gehen. Das Parteiinteresse muss im Vordergrund stehen.“ Norbert Hofer und Herbert Kickl, Klubchef in spe, haben mit der Ära Strache abgeschlossen und eine Neuordnung beschlossen. Kickl gefällt seine neue Rolle, heißt es, und das gefällt scheint’s den FP-Wählern. Er erhielt 58.158 Vorzugsstimmen – mehr als Strache bei der Wahl 2017 (41.479).
Um all das weiß auch das Polit-Paar Strache. „Sie gehen davon aus, dass Philippa das Mandat nicht bekommt und auch bald als Social-Media-Expertin gekündigt wird“, heißt es aus Straches engstem Umfeld zum KURIER. Dass es einen Deal gebe, wonach Philippa Strache spätestens am Montag freiwillig auf das Mandat verzichte und stattdessen einen Job in der Wiener FPÖ oder im Klub erhalte, das wird auf Nachfrage von allen Seiten bestritten.
„Es gibt keinen Deal. Wer das behauptet, der soll sich öffentlich bekennen“, heißt es aus der FPÖ-Wien. „Es gibt keinen Deal und Philippa wird auf keinen eingehen. Sie weiß, dass Hofer und Kickl sie nicht mehr in der Partei wollen“, sagt ein Strache-Intimus.
Wovon die Straches fortan leben und wie sie diverse Forderungen der FPÖ – beispielsweise den zurückgeforderten Mietzuschuss über 10.000 Euro – begleichen, ist offen. Ebenso, ob sie der Politik wirklich den Rücken kehren oder bei der Wien-Wahl 2020 mit einer Liste antreten. Ein Mann hat Ähnliches bereits vorgemacht: Straches Vorgänger Jörg Haider, der 2005 das BZÖ gründete.
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