FPÖ im EU-Wahlkampf: Kickls Asylpolitik als Zugpferd

Die FPÖ belebt auf Facebook alten Haider-Spruch wieder (siehe unten)
ÖVP-Spitzenkandidat Karas steigt in das Thema ein, spart aber nicht mit Kritik an Kickl, der Pläne auf EU-Ebene verschweige.

Die Asylpolitik dürfte, auch angefacht durch aktuelle Kriminalfälle, den Wahlkampf für die Europawahl am 26. Mai dominieren. Zuletzt suchte sich Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) dabei die EU-Kommission als Reibebaum aus.

Nun hat sich auch der ÖVP-Spitzenkandidat Othmar Karas zum Thema Abschiebungen zu Wort gemeldet. Karas schwenkt dabei im Kern auf die harte Linie von Kickl ein. Straffällige Asylwerber müssten schneller als bisher aus der EU verwiesen werden können, schrieb er am Sonntag auf Facebook. Der Ruf nach einer Aufweichung der Menschenrechtskonvention, wie sie Kickl zuletzt gefordert hatte, findet sich in Karas‘ Eintrag allerdings nicht. Die Verschärfung müsse im Einklang mit den allgemein gültigen Grundrechten und den Prinzipien des Rechtsstaates geschehen, schreibt er.

Karas postet dazu ein gemeinsames Foto mit dem Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner, der kurz vor dem Gespräch in Straßburg vom Mord am Sozialamtsleiter in Dornbirn erfahren hatte.

FPÖ im EU-Wahlkampf: Kickls Asylpolitik als Zugpferd

Der Fall des türkischen Asylwerbers Soner Ö., der den Beamten der Bezirkshauptmannschaft erstochen haben soll, wird auch von der FPÖ offensiv thematisiert. "Für mich ist klar, dass es, wenn gegen eine Person ein Aufenthaltsverbot in unserem Land vorliegt, ein Unding ist, dass ein und dieselbe Person einen Asylantrag stellt. Das passt hinten und vorne nicht zusammen", sagte Kickl dazu zur APA.

EU-Wahl als Chance, Kommission als "Moralisierklub"

Der Innenminister sieht die EU-Wahl als "riesige Chance", um einen Kurswechsel in der Asylpolitik herbeizuführen. Er setze dabei auf "eine entsprechende Veränderung im Kräfteverhältnis auf europäischer Ebene". Zugleich kritisierte er die EU-Kommission, die seinem Ansuchen, Flüchtlinge auch nach leichteren Vergehen abschieben zu können, zuletzt einen Dämpfer verabreichte. "Ich glaube, man kann mit gutem Gewissen davon sprechen, dass die Herrschaften ein Teil eines politischen Moralisierklubs sind, die eigentlich das Ziel verfolgen, die Täter mehr zu schützen als die Opfer."

Der Status von Flüchtlingen ist durch die EU-Statusrichtlinie geregelt. Ein Ausschluss von diesem Status ist derzeit nur bei schwerwiegenden Straftaten möglich. Kickl hatte sich Ende Jänner mit seinem Bemühen um Abschiebung krimineller Asylbewerber in einem Brief an EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos gewandt.

EU-Kommissar verweist auf bestehende Pläne

Avramopoulos teilte in seiner – auch dem KURIER vorliegenden - Antwort mit, dass diesem Begehren die Genfer Flüchtlingskonvention entgegenstehe.

Weiters verwies Avramopoulos auf die aktuell mit dem Europaparlament laufenden Verhandlungen bezüglich einer leichteren Aberkennung von Aufenthaltstiteln straffällig gewordener Flüchtlinge. So habe die Kommission vorgeschlagen, dass die nationalen Behörden den subsidiären Schutzstatus aberkennen können, wenn die betreffende Person in dem Mitgliedstaat, in dem sie sich aufhält, eine Sicherheitsbedrohung darstellt.

Der Rat habe auch angeregt, dass die bloße Begehung einer Straftat ausreicht, um eine Person von der Gewährung subsidiären Schutzes auszuschließen. Ferner habe er vorgeschlagen, den Mitgliedstaaten zu gestatten, den Aufenthaltstitel aus Gründen der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung zu widerrufen, ohne den Status zu entziehen.

FPÖ im EU-Wahlkampf: Kickls Asylpolitik als Zugpferd

Kickl ließ das nicht gelten: "Die Antwort der Europäischen Kommission suggeriert fälschlicherweise, dass die Aberkennung bei Straffälligkeit völlig im nationalen Ermessen liegt." Die Kommission sage aber mit keinem Wort, dass die Festlegung, was eine schwere Straftat sei, weitgehend durch die Rechtsprechung (VfGH, VwGH), aber auch durch den EuGH erfolge, weil die diesbezüglichen Konkretisierungen im EU-Recht fehlen würden. Es sei daher auch notwendig, in der Statusverordnung beispielhaft Straftaten zu erwähnen, die zu einer Aberkennung des Schutzstatus führen sollen: "Daher braucht es eine deutliche Verschärfung und eindeutige Konkretisierung des EU-Rechts."

Daher bleibt Kickl bei seinem Vorschlag. Konkret fordert der Ressortchef dabei, dass ein Asylstatus schon bei einer Straftat wie etwa bei Gewalt gegen Frauen oder sexuellen Übergriffen aberkannt werden können soll.

Karas kritisiert Kickl: Pläne der EU verschleiert

ÖVP-Kandidat Karas hingegen schlägt in dieselbe Kerbe wie der Migrationskommissar: "Seit 2016 liegen die Gesetzesvorschläge vor. Seitdem geht kaum etwas weiter, weil immer irgendein Mitgliedstaat eine Einigung blockiert. Wenn Kickl Änderungen der EU-Gesetze fordert, verschleiert er dabei, dass die EU seit 2016 Änderungen will, dies aber am Streit der Mitgliedstaaten scheitert", schrieb Karas in seinem aktuellen Facebook-Posting.

Karas habe Staatssekretärin Karoline Edtstadler (Nummer 2 auf der ÖVP-EU-Liste) gebeten, noch stärker gemeinsam auf eine Einigung beim Asylpaket zu drängen. 

„Das ist nicht mein Partner bei der Zukunftsgestaltung Europas
Othmar Karas in der "ZiB2" über die FPÖ im Europaparlament (siehe Video)

Karas: FPÖ im EU-Wahlkampf ein Gegner

Vilimsky wirft ÖVP "linksgrüne Willkommenspolitik" vor

Der eigentliche FPÖ-Spitzenkandidat für die Europawahl, Harald Vilimsky, konnte Karas‘ Aussagen freilich nicht lange stehen lassen. Er halte dessen Forderung nach einer schnelleren Abschiebung straffällig gewordener Asylwerber für "keineswegs glaubwürdig". Karas und die ÖVP hätten in den letzten fünf Jahren eine "linksgrüne Willkommenspolitik tatkräftig im Haus unterstützt", schrieb er am Sonntag in einer Aussendung.

"Seine Wandlung 'vom Saulus zum Paulus' geschieht anscheinend aus politischem Kalkül und soll dem Wähler weismachen, er habe sich in dieser Frage geläutert", so Vilimsky. Die FPÖ sei "die einzige Partei, die hier konsequent für eine härtere Gangart gegenüber straffälligen Asylwerbern aufgetreten ist."

Bereits am Freitag hatte Vilimsky auf Facebook verkündet: "Die EU-Wahl am 26. Mai wird auch zur Abstimmung über die derzeit geltenden internationalen Asyl-Bestimmungen." Dazu postete er ein Bild mit folgendem Text: "EU-Wahl soll Klarheit bringen: Österreich muss Straftäter dauerhaft abschieben dürfen."

Harte Bandagen mit altem Haider-Spruch

Dass die Regierungspartei FPÖ gewillt ist, den EU-Wahlkampf mit harten Bandagen zu führen, zeigt auch ein weiterer Vorstoß in den sozialen Medien. "Sie sind gegen ihn, weil er Österreich schützen will" steht dort über Kickl, der in entschlossener Pose vor rotweißroter Fahne dargestellt ist. Wenn man Kickls jüngste Aussagen heranzieht, könnte mit "Sie" auch die EU-Spitze gemeint sein.

Auch Parteichef und Vizekanzer Heinz-Christian Strache hat das Sujet geteilt und dazu geschrieben: "Vor zwei Wochen wurde unser Innenminister Herbert Kickl von einer Allianz an Gutmenschen dafür geprügelt, weil er gesagt hat, dass man nicht mehr zeitgemäße Gesetze ändern muss. Die grausame Tat in Vorarlberg hat einmal mehr gezeigt, dass sich unser Innenminister am richtigen Weg befindet."

FPÖ im EU-Wahlkampf: Kickls Asylpolitik als Zugpferd

Mit dem Spruch greift die FPÖ zumindest auf Facebook auf altbekannte Wahlkampf-Waffen zurück. 1994 plakatierten die Blauen im Nationalratswahlkampf einen ähnlichen Spruch über den damaligen FPÖ-Spitzenkandidaten Jörg Haider: "Sie sind gegen ihn, weil er für euch ist." Die offensichtliche Vereinnahmung der Österreicher als Gesamtes sorgte damals für Unmut, Häme, aber auch Zuspruch.

FPÖ im EU-Wahlkampf: Kickls Asylpolitik als Zugpferd

2008 wurde der Slogan erneut verwendet, nur mit dem Konterfei des nunmehrigen Parteichefs Strache. Wahlkampfleiter und FPÖ-Generalsekretär war da bereits ein gewisser Herbert Kickl. Dieser erklärte damals zum Recycling des Spruchs: "Das ist FPÖ-Gedankengut."

In Hinblick auf die EU-Wahlen am 26. Mai lässt sich nun sagen: Der Wahlkampf hat längst begonnen und wird auch zwischen den Vertretern der Regierungsparteien ohne Rücksichtnahme geführt werden.

 

 

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