Sie sprechen die Fusion von ÖVP und Für Innsbruck an, die in langen Phasen tief zerstritten waren.
Ich bin in Innsbruck aufgewachsen und habe deshalb die Entwicklung in der Stadtpolitik immer sehr eng verfolgt. Und ich habe natürlich auch mitbekommen, was es hier für Gräben gegeben hat. Bis hin zu einer Gegenliste zur ÖVP auf Landesebene, die durch Proponenten von Für Innsbruck gegründet wurde. Ich fühle mich dieser Stadt extrem verbunden. Und deshalb freue ich mich jetzt wahnsinnig auf diese Aufgabe, Bürgermeisterkandidat zu sein und hoffentlich auch Bürgermeister zu werden.
Also keine Karriereabsicherung?
Bürgermeister einer Stadt mit über 130.000 Einwohnern, einer Kongress- und Universitätsstadt, zu sein, kann nie eine Absicherung sein, sondern ist eine tolle Aufgabe.
Vorausgesetzt, man wird Bürgermeister.
Genau. Aber ich habe auch ganz klar gesagt – und ich glaube dieses Commitment ist auch für die Wähler wichtig: Meine politische Zukunft ist in Innsbruck.
Eigentlich wollten Sie nur kandidieren, wenn das bürgerliche Lager geeint ist. Davon kann aber keine Rede sein. Beim Stadtparteitag kommt es zu einer Kampfabstimmung zwischen Ihnen und ÖVP-Vizebürgermeister Johannes Anzengruber.
Wir haben vor 30 Jahren wirklich eine tiefgreifende Spaltung des bürgerlichen Lagers erlebt, die die meiste Zeit auch quer durch die Bünde gegangen ist. Jetzt haben wir den Zusammenschluss der bürgerlichen Listen ÖVP, Für Innsbruck und Seniorenbund, die bisher getrennt kandidiert haben. Das ist definitiv eine Einigung.
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Also ist dieser Zwist kein Problem?
Eine Wahl ist ein legitimer demokratischer Prozess.
FI und ÖVP haben es in den vergangenen Jahrzehnten gemeinsam stets auf über 40 Prozent gebracht, 2018 nur noch auf 28 Prozent. Wo ist Ihre Benchmark?
Das war über mehrere Jahre hinweg eine klare Zwei-Marken-Strategie innerhalb der Volkspartei, die dazu geführt hat, dass es über weite Strecken sogar eine absolute bürgerliche Mehrheit gegeben hat. Klar ist, die Zeit der absoluten Mehrheiten ist vorbei. Aber Innsbruck ist eine zutiefst bürgerliche Stadt. Deshalb muss es auch unser Anspruch sein, stärkste Kraft bei der nächsten Wahl zu werden.
Welche Rolle soll in diesem Bündnis FI-Chefin und Ex-Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer nach der Wahl spielen?
Sie war Bürgermeisterin, Vize-Bürgermeisterin und ist jetzt Stadträtin und bringt natürlich einen enormen Erfahrungsschatz mit, auf den ich auf zukünftig nicht verzichten will. Wir sind jetzt sechs Monate vor der Wahl. Über Rollen wird danach entschieden.
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Ist im anstehenden Wahlkampf nicht Ihre geringe Bekanntheit in der Stadt ein Riesenmanko?
Innsbruck ist irgendwie Stadt und Dorf zugleich. Es kennt jeder jeden, aber trotzdem kennen nicht alle alle. Ich war jetzt eineinhalb Jahre Staatssekretär und bin seit 20 Jahren in diversen Funktionen in dieser Stadt aktiv, bin in zahlreichen Vereinen. Ich finde es ganz interessant, dass sich die anderen Parteien Sorgen um meine Bekanntheit machen. Ich halte das eher für Wahlkampfgeplänkel.
Sie gehen also davon aus, dass bis zur Wahl jeder weiß, wer Florian Tursky ist?
Davon ist auszugehen. Wichtig ist nicht nur, dass man weiß, wer ich bin, sondern auch, wofür ich stehe und was meine Visionen für Innsbruck sind. Es wird wichtig sein, den Menschen zu vermitteln: Aus unserer Sicht muss Schluss mit dem politischen Stillstand, der Eigenbeschäftigung und den Alleingängen sein. Und dass wir uns jetzt wieder auf die Interessen der Menschen und darauf, dass was weiter geht in dieser Stadt, konzentrieren.
Da sind wir beim Inhaltlichen. Eines der großen Streitthemen der vergangenen Jahre war die Verkehrspolitik. Wird die ÖVP weiter bei jeder 30er-Zone, über die debattiert wird, mauern?
Was für mich klar ist, Innsbruck muss für alle da sein. Für Autofahrer genauso wie für Radfahrer und Spaziergänger. Dieses Gegeneinanderausspielen, was derzeit in der Stadtpolitik leider stattfindet, ist für mich nicht zielführend. Wir müssen schauen, dass Innsbruck ein intelligentes Verkehrskonzept für Pkw besitzt, einen guten öffentlichen Personennahverkehr hat, aber natürlich auch, dass sich Fußgänger und Radfahrer gut bewegen können.
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Dann nehmen wir ein konkretes Beispiel. Wenn auf der Straße auf Kosten eines Pkw-Stellplatzes Raum zum Abstellen für zehn Räder geschaffen wurde, hat die ÖVP das Parkplatzvernichtung genannt. Ist das auch Ihre Perspektive?
Ich werde nicht mit Einzelfällen Autofahrer und Radfahrer gegeneinander ausspielen. Sondern wir werden kluge Konzepte entwickeln, wo für beide Platz ist.
Aber in dem Fall ist es ja ein Gegeneinanderausspielen.
Das ist sicher nicht mein Ziel.
Nach der Wahl wird sich wieder eine Koalition bilden müssen. Ist die FPÖ für Sie ein möglicher Partner?
Ich betreibe vor Wahlen kein Koalitionsgeplänkel. Ich finde es interessant, dass das jetzt schon stattfindet, wo noch in keinster Weise absehbar ist, wie diese Wahl ausgeht.
Tirols ÖVP-Chef Anton Mattle hat aber etwa bereits im Landtagswahlkampf gesagt, dass er nicht mit der FPÖ regieren will.
Ziel ist es, dass wir einen Partner haben, mit dem wir unsere Visionen für Innsbruck umsetzen können.
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Das Klima im zerstrittenen Gemeinderat wird von Beteiligten als toxisch bezeichnet. Fürchten Sie sich schon?
Furcht ist nie ein guter Ratgeber. Unser Ziel muss es sein, das Spielfeld zu verändern. Und dass genau dieses Klima des Stillstandes und der Alleingänge nicht mehr herrscht, sondern wir es schaffen, gemeinsam im Interesse der Bevölkerung zu arbeiten und diese Stadt weiterzuentwickeln. Wer mich kennt, weiß, dass ich ein Mensch des Konsenses bin. Mit mir ist es vielleicht etwas schwer zu streiten. Das ist glaube ich etwas, das mich auszeichnet und richtig für diese Situation ist.
Werden Sie die Brücken zu den Grünen von Bürgermeister Georg Willi abbrechen oder sind diese für Sie eine Option?
Ich werde wie gesagt kein Koalitionsgeplänkel betreiben, möchte aber sagen: Ich arbeite sehr gut mit dem derzeitigen grünen Koalitionspartner auf Bundesebene zusammen. Und ich habe fünf Jahre lang auf Landesebene die schwarz-grüne Koalition in Tirol koordiniert. Und das war eine gute Zusammenarbeit.
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