Faymann-Nachfolge: Kandidaten im Vergleich

ÖBB-Chef Kern, Ex-Kanzler Faymann
Was spricht für Kern, was für Zeiler? Und wie stehen sie zur FPÖ?

Kommenden Dienstag will die SPÖ entscheiden, wer Werner Faymann als Parteichef und Kanzler nachfolgt. Schon am Freitag soll es ein Hearing der Kandidaten geben. Zwei gelten als Favoriten: ÖBB-Chef Christian Kern und Medienmanager Gerhard Zeiler.

Was verbindet die Kandidaten, was trennt sie? Wer sind ihre Fürsprecher? Und wie stehen sie zur FPÖ?

Ein KURIER-Faktencheck.

1) Der Werdegang

Die Karrierewege der beiden Kandidaten weisen eine gewisse Ähnlichkeit auf: Beide haben in der Politik begonnen, haben sich dann als Manager einen Namen gemacht – und könnten jetzt wieder ins politische Geschäft zurückkehren.

Zeiler war – schon mit 28 Jahren – Pressesprecher von SPÖ-Kanzler Fred Sinowatz, dann von dessen Nachfolger Franz Vranitzky. 1986 startete er seine Medien-Karriere, in deren Verlauf er u.a. Generalsekretär und Generalintendant des ORF wird, in Deutschland Chef von Tele5, RTL2 und Geschäftsführer von RTL. Aktuell ist er beim US-Konzern Turner Broadcasting für das internationale Geschäft zuständig.

Kern begann seine Laufbahn in den 1990ern als Assistent von Peter Kostelka, der zunächst Staatssekretär in der Regierung Vranitzky ist, später dann SPÖ-Klubchef im Parlament. 1997 wechselt Kern zum Verbund, wo er 2007 Vorstand wird, ehe er 2010 als Vorstandsvorsitzender zu den ÖBB wechselt.

2) Die Macher-Qualitäten

Werden beiden nachgesagt. Kern wird zugeschrieben, die Bundesbahnen wieder auf Schiene gebracht zu haben. Sein bisheriges Schaffen als Chef-Schaffner wird generell als positiv bewertet. Zeiler wiederum hat sich über viele Jahre erfolgreich im internationalen Mediengeschäft behauptet – und mehr als genug Referenzen für seine Manager-Qualitäten.

3) Die Fürsprecher

Für Zeiler macht sich derzeit dem Vernehmen nach vor allem Wiens Bürgermeister Michael Häupl stark. Er kennt und schätzt Zeiler, der wie er aus Ottakring stammt und dort auch in den letzten Jahren die Wahlkämpfe der SPÖ – auch zuletzt bei der Wien-Wahl im Oktober – unterstützt hat.
Lauter allerdings sind die Stimmen für Kern: Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser hat sich für den ÖBB-Chef als neuen Kanzler ausgesprochen („Ich halte sehr viel von ihm“), ebenso der Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden und der gewichtige Gewerkschafter Josef Muchitsch.

4) Die Haltung zur FPÖ

Kern hat sich in dieser Frage nicht explizit geäußert. Wenn sein Handeln in der Flüchtlingskrise ein Indiz ist, dann dürfte er den Freiheitlichen zumindest inhaltlich aber nicht sehr nahe stehen: Am Höhepunkt der Migrationsströme vergangenen Sommer gab Kern für die ÖBB eine „Refugees Welcome“-Linie aus. „Dies ist nicht die Zeit für Dienst nach Vorschrift“, sagte Kern – und ließ Flüchtlinge in Sonderzügen von der Grenze nach Wien transportieren.

Faymann-Nachfolge: Kandidaten im Vergleich
Gerhard Zeiler, Interview, Portraits, in seiner Wiener Wohnung, Daniela Kittner, Christoph Silber
Zeiler hat sich im Vorjahrin einem KURIER-Interviewdeutlich zu dieser Frage geäußert. Ein Auszug aus dem Gespräch:

KURIER: Sie haben zwei Bundeskanzlern gedient. Der eine hat mit der FPÖ koaliert, der andere die Doktrin „niemals mit der FPÖ“ ausgegeben. Wer hat recht? Sinowatz oder Vranitzky? Und umgelegt auf heute: Niessl oder Häupl?
Gerhard Zeiler: Das kann man nicht vergleichen. Auch Sinowatz hätte keine Koalition mit einer Haider-FPÖ gemacht, und ich kann mir vorstellen, dass Vranitzky eine Koalition mit Steger und seiner marktliberalen Partei fortgeführt hätte. Der Unterschied lag und liegt in der Veränderung in der FPÖ.

Was heißt das für heute? Wäre die FPÖ marktliberal, pro-europäisch und nicht ausländerfeindlich, käme sie als Partnerin für die SPÖ in Frage?
Man muss immer auf die Inhalte schauen. Ist die FPÖ eine Partei innerhalb des demokratischen Verfassungsbogens? Ja. Also hat Ausgrenzen keinen Sinn, in der Definition des Wortes, dass man sich nicht mit ihr auseinandersetzt. Im Gegenteil. Man muss sich mit den Argumenten der FPÖ auseinandersetzen. Das sagt der Hausverstand und das ist notwendig aus Respekt vor deren Wählern. Aber das heißt nicht, dass man FPÖ-Positionen übernehmen soll. Insofern bin ich für Abgrenzen, aber nicht Ausgrenzen. Es kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein, eine Koalition mit einer populistischen Partei zu machen, die Europa schwächen will und auf die meisten Herausforderungen keine oder falsche Antworten hat.

Die Rot-Blau-Befürworter argumentieren, dann würde eben die ÖVP Schwarz-Blau machen und die SPÖ aus den Regierungen drängen. Ist das strategische Argument legitim?
Nach meinem Kenntnisstand wäre eine Regierungsbeteiligung der FPÖ im Burgenland nicht zu verhindern gewesen, außer die 42-Prozent-SPÖ hätte der 29-Prozent-ÖVP den Landeshauptmann für fünf Jahre angeboten. Das wäre vielleicht doch etwas zu viel des Guten gewesen. Insofern habe ich ein gewisses Verständnis für die Gedankengänge der SPÖ im Burgenland. Dennoch: Bei allem Verständnis bin ich eher beim Nein.

5) Die Chancen

Kern gilt derzeit als Favorit. Dass Werner Faymann seine Posten vor dem Parteitag geräumt hat, macht die Sache für Kern deutlich leichter: Es bleibt ihm jetzt erspart, seinen Posten bei der Bahn für eine unsichere Kampfabstimmung am Parteitag räumen zu müssen.

Auch Zeiler werden gute Chancen eingeräumt. Zwei Argumente gegen ihn jedoch werden von SP-Strategen immer wieder genannt: Zum einen, dass er – im Gegensatz zu Kern – in den vergangenen Jahren mehr im Ausland als in Österreich unterwegs gewesen sein: Und: Der Altersfaktor. Zeiler ist 60, Kern zehn Jahre jünger.

Ein Zufall, dass Kern just am Abend des Kanzlerabgangs in den sozialen Netzwerken postete, dass er beim Rockkonzert von „Muse“ in der Stadthalle war?

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