Das Land atmet auf. Es tut das zwar durch FFP2-Masken, aber immerhin. Nach einem gefühlt endlosen Winter und einem noch längeren Lockdown (Start war am 17. November mit Unterbrechung vor Weihnachten) gibt es heute zumindest eine Teil-Öffnung des Landes.
Der Handel sperrt auf, endlich können wir unliebsame Weihnachtsgeschenke eintauschen oder Gutscheine einlösen. Auch Einladungen werden wieder möglich, es dürfen sich zwei Haushalte (max. vier Erwachsene und sechs Kinder) treffen.
Wichtig dafür: Auch sogenannte „körpernahe Dienstleistungen “ – etwa Friseursalons – können wieder öffnen. Ein frischer Haarschnitt oder ein nachgefärbter Ansatz alleine bedeuten zwar freilich noch keine Rückkehr zur Normalität, doch es ändert etwas in unserem Lebensgefühl.
Hinzu kommt, dass auch die Schulen nach dem Ende der Semesterferien (in Wien und Niederösterreich also heute) wieder zum Präsenzunterricht übergehen. In den Volksschulen werden alle Schüler in den Klassen erwartet, in den höheren Schulstufen gibt es wieder Schichtbetrieb. Vergleichsweise himmlische Ruh’ also für die im Homeoffice verbliebenen Eltern.
Letztlich werden nun auch einige Freizeit-Aktivitäten wieder möglich – etwa der Besuch von Tiergärten und Museen.
Wenn man jetzt noch ein Bier in einer Bar...
Halt. Soweit sind wir noch nicht.
Gastro, Hotellerie und auch der größte Teil des Kulturbetriebs bleiben weiterhin stillgelegt. Wo, wie beschrieben, geöffnet wird, gibt es verschiedenste Auflagen (siehe Spalte rechts). Wer sich die Haare schneiden lassen will, braucht etwa ein negatives Testergebnis, das nicht älter als 48 Stunden sein darf. Auch die Schüler werden zweimal pro Woche mit sogenannten „Nasenbohr-Selbsttests“ auf das Virus getestet. Dafür brauchen sie eine Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten, besorgte Eltern können auf Wunsch auch dabei sein, dann findet der Test im Freien statt.
In den Geschäften dürfen sich nur wenige Personen gleichzeitig aufhalten, nach 20 Uhr gelten Ausgangsbeschränkungen.
Das alles dämpft die Freude an der Öffnung und macht eindrücklich klar: Wie vor der Pandemie werden wir noch lange nicht wieder leben.
Angst vorm Zusperren
Auch die Zahl der täglichen Neuinfektionen (1.317 am Sonntag) mahnt uns zur Vorsicht. Denn klar ist: Viel hat sich in den vergangenen Wochen nicht bewegt. Die Kurve, auf die wir täglich starren, hat sich kaum verändert. Trotz harten Lockdowns sind wir weit vom ursprünglich von der Bundesregierung angepeilten Zielwert von 700 bis 800 Neuinfektionen pro Tag entfernt. Es kursieren Virusmutationen, die sehr viel ansteckender sind als die bisher bekannten Varianten des Coronavirus’.
Dass dennoch Öffnungsschritte gesetzt werden, sei, das sagen Mathematiker, nur sinnvoll, wenn gleichzeitig die Zahl der Tests und Screenings steigt, es ein funktionierendes Contact-Tracing gibt und infizierte Personen rechtzeitig isoliert werden können.
Und wenn das nicht funktioniert, droht uns dann schon bald ein vierter Lockdown?
Die Angst davor hat sich in den Hinterköpfen festgesetzt. Dementsprechend ist „Ab wann sperren wir wieder zu?“ die immer gleiche Frage an Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne).
In einem TV-Interview hatte er am Samstag einen 7-Tages-Inzidenzwert von 200 genannt, ab dem es eine „Krisensitzung“ geben müsse. Spätestens ab 250 sollen dann „weitgehende Maßnahmen“ gesetzt werden, wurde auf KURIER-Anfrage präzisiert. Am Sonntag lag die 7-Tages-Inzidenz bei 106,7.
So sehr also die Sorge vor dem nächsten Lockdown die Freude über die Öffnung bremst, so sehr ist da auch der Hoffnungsschimmer „Impfung“ am Horizont. Am Wochenende wurde die Zahl von 300.000 Impfungen in Österreich überschritten. Heißt: Auch wenn die Umsetzung des Impfplans nur holprig vonstatten geht: Der Tag des „Jauckerls“ rückt näher.
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