„Nicht schon wieder!!!“, schrieb Landarzt Busch an die Zuständige, machte sie auf den Überschuss aufmerksam – und bot im Gegenzug an, die überzähligen Fläschchen zurückzuschicken.
Die Impfkoordinatorin konnte „die Aufregung nicht ganz nachvollziehen“ (der Schriftverkehr liegt dem KURIER vor). „In sehr vielen Ordinationen ist die Auslastung der zur Verfügung stehenden Impftermine leider nicht gegeben.“ Die Praxen müssten sich nur rechtzeitig melden, um nächste Lieferungen zu reduzieren oder zu stornieren. Das tat Busch dann auch.
Nur: Das Haltbarkeitsdatum für seine übrigen 43 Fläschchen läuft Mitte September aus. Was bis dahin nicht gebraucht wird, kommt in den Müll. „Mir blutet das Herz“, sagt der Arzt. „So sehnsüchtig man auf den lebenswichtigen Impfstoff gewartet hat, so achtlos geht man mit mittlerweile damit um.“
Es stellen sich zwei Fragen. Erstens: Warum werden die Lieferungen nicht am tatsächlichen Bedarf (so wie zu Beginn der Impfkampagne), sondern an der theoretischen Kapazität ausgerichtet?
Im Büro von Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) wird erklärt, dass die Lieferungen eine Vorlaufzeit hätten, Impftermine können aber am selben Tag gebucht werden. Und dafür will man gerüstet sein.
Zweitens: Warum kann man nicht retournieren, wenn der Andrang dann doch geringer ausfällt? Königsberger: „Da der Impfstoff für 30 Tage normal gekühlt haltbar ist, müssen keine Vials (Fläschchen) unnötigerweise hin- und hertransportiert werden, sondern sollen für den nächsten Impftag aufgehoben werden.“ Das Transportieren sollte laut Fachinformation vermieden werden.
Im Gesundheitsministerium heißt es auf KURIER-Anfrage aber, dass überschüssige Dosen durchaus weitergegeben werden sollen, bevor sie ablaufen. „Ziel ist, dass keine Impfdosis weggeworfen wird.“ Der Bund hat Dosen, die nicht gebraucht wurden, an bedürftige Staaten verschenkt.
Grundsätzlich seien Überschüsse zu vermeiden, indem man den Bedarf anhand von Erfahrungswerten kalkuliert, heißt es weiter. Impfen ist aber Ländersache – das Ministerium hat keinen Einfluss darauf, wie die Länder mit ihren Kontingenten umgehen.
Zurück zu Landarzt Busch: Dieser plädiert dafür, dass die niedergelassenen Ärzte ihre Bestellungen selbst in die Hand nehmen, indem sie die bestehenden Lieferketten – bekannt von der Grippe- oder anderen Schutzimpfungen – nutzen: Der Hausarzt bestellt für seine Patienten im Einzugsgebiet Impfstoff, der Pharma-Großhandel liefert teilweise noch am selben Tag.
„Aber das traut man uns in der Pandemie offenbar nicht zu. Stattdessen hat man verschiedene neue Plattformen eingezogen, jedes Bundesland hat ein eigenes System.“ Nachsatz: „Das ist ein wahres Ruhmesblatt für Bananistan.“
Von der Ärztekammer Österreich gibt es dazu keine Stellungnahme. Angeblich ist man sich in den Länderkammern uneinig, ob die Ärzte diese Plattformen brauchen oder nicht. In den meisten Bundesländern gibt es ohnehin Impfstraßen oder -zentren.
Busch möchte jedenfalls weitermachen, während Kollegen von ihm an der Impf-Bürokratie bereits verzweifelt seien, wie er erzählt. Seine überzähligen Impfdosen würde er beispielsweise gerne in ein Pflegeheim bringen – für die Auffrischungsimpfung, die fällig wird. Am kommenden Donnerstag will Notruf NÖ seine Impfärzte über den Plan für den 3. Stich informieren.
Vielleicht, so Busch, besteht für seine 43 Fläschchen ja noch Hoffnung.
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