Totschnig hat sein gesamtes Berufsleben in der professionellen Politik verbracht. Verheiratet mit einer Beamtin, beginnt sein beruflicher Lebenslauf als Büroleiter im Bauernbund; davor war er parlamentarischer Mitarbeiter in Brüssel und Generalsekretär der Bauern-Jugend.
So kam es, dass er in den vergangenen zehn Jahren entweder im Kabinett eines Vizekanzlers (erst Michael Spindelegger, dann Reinhold Mitterlehner) oder als Fach-Referent im ÖVP-Parlamentsklub war.
Die Mission? Sie blieb immer dieselbe: den Anliegen des Bauernbundes zum Durchbruch zu verhelfen.
Die logische Konsequenz: der Aufstieg zum Bauernbund-Direktor 2017.
So tickt Totschnig
Wie tickt er, dieser Norbert Totschnig? „Er ist angenehm im Umgang und verbindlich im Gespräch“, sagen Kabinettsmitarbeiter von Koalitionspartnern, denen der Erwähnte früher als ÖVP-Referent gegenübersaß.
Ja, Totschnig habe immer für die Bauern lobbyiert. „Aber das war ja das Angenehme an ihm. Mit ihm redete man Klartext, er ist vom Fach. Kein Geschwafel.“
Charakterlich und fachlich scheint der Mann also einigermaßen vorbereitet auf seine Aufgabe. Zumindest, soweit man das sein kann. Denn selbst wenn der Job nach außen hin nicht als sonderlich glamourös oder prestigeträchtig gilt: Inhaltlich ist das Landwirtschaftsministerium heute fordernd, weil ein Minenfeld.
Das Mega-Thema Klimawandel hat die Aufgaben eher verkompliziert als erleichtert. Denn in der Klimakrise spielen die Bauern eine paradoxe Doppelrolle: Auf der einen Seite sind sie durch extreme Wetter-Ereignisse wie Dürren schon jetzt vielfach die existenziell Leidtragenden der Klimakrise.
Und gleichzeitig tragen einzelne Landwirte mit der Art und Weise, wie sie arbeiten (Bodenverdichtung durch schweres Gerät, Massentierhaltung etc.) das Ihrige dazu bei, dass der Klimawandel vorangetrieben wird.
Beim Koalitionspartner wird die Kür des 47-jährigen Christdemokraten übrigens gelassen registriert. Und das liegt zu einem guten Teil an seiner Vorgängerin: Regierungsintern galt es zuletzt als offenes Geheimnis, dass Elisabeth Köstinger ihr grünes Gegenüber, Leonore Gewessler, vor allem als eine Zumutung empfunden hat. Um das zu verstehen, muss man wissen: Ehe Gewessler Ministerin wurde, war sie Chefin von Global 2000 und damit von jener NGO, von der Köstinger über Monate mit Adjektiven wie „konzept- und planlos“ bedacht wurde.
Dass sich Totschnig durch kritische oder machtbewusste Grüne provoziert fühlen könnte, kann ausgeschlossen werden. Der Grund: Totschnig ist stellvertretender ÖVP-Klubchef in Wien-Neubau. Und damit ausgerechnet in jenem Bezirk, in dem Grüne mit 44 Prozent regieren.
Kommentare