Experte läuft zum Superminister für Arbeit und Wirtschaft auf
Seine Marathon-Bestzeit liegt bei 3:01.20, aufgestellt in Berlin 2016. Danach ging es bei Martin Kocher sportlich leicht bergab, dafür beruflich umso steiler bergauf.
Erst Anfang 2021 wechselte der parteilose Wirtschaftsexperte und damalige Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS) ins ÖVP-Regierungsteam von Sebastian Kurz. Und mehr als ein Jahr später steigt der 48-jährige Salzburger schon zum schwarzen Superminister unter Karl Nehammer auf.
Superminister ist durch und durch ein Marketingbegriff und es muss sich erst zeigen, wie super Martin Kocher als Wirtschafts- und Arbeitsminister wirklich performen wird. Aber das seinem Haus nun neben dem grünen Energie- und Klimaministerium von Leonore Gewessler eine Schlüsselrolle in der Krisenbewältigung zukommt, ist unbestritten. Etwa im Kampf gegen den lähmenden Fachkräftemangel.
Die Zusammenlegung von Wirtschaft und Arbeit passt der Opposition ja überhaupt nicht. Die SPÖ befürchtet, dass Arbeitnehmerinteressen unter die Räder kommen. Die FPÖ kritisiert, Kocher habe sich schon bisher zu wenig um den Arbeitsmarkt gekümmert.
Reform nur angekündigt
Richtig ist: Dem Salzburger Ökonomen ist der Brückenschlag zwischen Wirtschaft und Arbeit zuzutrauen – auch wenn der Rückgang der Arbeitslosigkeit der guten Konjunktur nach Corona zu verdanken ist und weniger seiner politischen Um- und Durchsetzungskraft. Auf seine oftmals angekündigte Reform der Arbeitslosenversicherung wartet die Öffentlichkeit noch immer.
Kocher erbt zudem aus dem Landwirtschaftsministerium die Rohstoff-Agenden. Damit muss er an vorderster Front und im Zusammenspiel mit Leonore Gewessler die aktuelle Energiekrise lösen, die wir dem russischen Einmarsch in der Ukraine verdanken. Eine Mammutaufgabe, die auch einen Vollblutpolitiker überaus fordern würde.
Ein typischer Vollblutpolitiker ist Kocher – zumindest in der Außenwahrnehmung – noch immer nicht. Er glänzt durch seine ruhige, sachorientierte Art und fällt nicht negativ als Hardcore-Ideologe auf. Doch der in Innsbruck studierte Verhaltensökonom war eben doch die längste Zeit seiner Berufslaufbahn „nur“ Wissenschaftler und Uni-Professor und muss in die großen Schuhe eines Superministers erst noch hineinwachsen.
Privat ist Kocher der Sohn zweier Skilehrer, der selbst Profi-Skifahrer werden wollte, aber in seiner Pongauer Heimat an seinen unmittelbaren Konkurrenten Hermann Maier und Michael Walchhofer scheiterte. Beim Studium in Innsbruck lernte er seine Frau kennen, mit der er seit 2003 verheiratet ist.
In seiner spärlichen Freizeit ist Kocher ganz Langstreckenläufer. Skifahren im Winter, Bergsteigen im Sommer runden das Programm des hochgewachsenen, sehr schlanken Ministers ab.
Kein Parteigänger
ÖVP-Mitglied ist er nicht. Doch schon vor seinem Wechsel in die Politik bediente sich die Volkspartei immer wieder seiner Expertise als IHS-Chef (ab 2016).
Als Wissenschaftler galt er seinerzeit als einer der aktivsten Forscher auf dem Gebiet der experimentellen Wirtschaftsforschung. Nun muss er sein Können in der Praxis beweisen.
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