An den EU-Außengrenzen im Südosten fanden heuer laut UNHCR nämlich kaum Übertritte statt. In Griechenland wurden – Stand 1. August – nur 4.338 Personen aufgegriffen. „An den europäischen Außengrenzen sehen wir keine größeren Bewegungen, tendenziell sogar sinkende Zahlen. Das dürfte auch am relativ harschen Umgang mit Geflüchteten, wie z. B. Pushbacks, an den Grenzen liegen“, sagt eine Sprecherin des UNHCR-Österreich.
Jene Migranten, die derzeit vor allem über Ungarn nach Österreich gelangen, kommen größtenteils vom Balkan. Die wegen Corona verschärften Grenzkontrollen haben nachgelassen, Schlepper nutzen das aus.
Von einem Migrationsstau am Balkan ist gar die Rede – und von neuen Fluchtrouten. Eine führt etwa von Serbien über die ungarische Grenze durch Ungarn nach Österreich. Das ist bemerkenswert, weil dafür der ungarische Grenzzaun samt Korridor überwunden werden muss. „Die Schlepper bieten die Zaunüberwindung in zwei Kategorien an. Entweder mithilfe einer Leiter oder mit zwei Leitern, speziell für Frauen und Kinder. Das kostet 150 bis 250 Euro pro Person“, sagt Gerald Tatzgern, Leiter der Schlepperbekämpfung im Bundeskriminalamt (BK), dem KURIER.
„Unheimlich gefährlich“ sei eine etwas teurere Methode: „Aktuell werden vermehrt auch 30 bis 40 Meter lange Tunnel unter dem Grenzzaun gegraben“, sagt Tatzgern. Die Migranten würden diese Tunnel in Abstimmung mit den Schleppern teilweise selbst graben. Eine Methode, die man von der US-mexikanischen Grenze gewohnt ist, in Europa definitiv nicht.
Vorwürfe gegen Ungarn
Eine ebenfalls neue, dafür weniger gefährliche Fluchtroute, führt über die rumänische Grenzstadt Temeswar. Migranten, die etwa aus Bosnien oder Serbien kommen, machen dafür einen weiten Umweg, der bis nach Rumänien führt. Dann überqueren sie etwa in Lkw die Grenze. Der Vorteil: Der ungarische Grenzzaun endet in Rumänien und muss dort nicht mehr überwunden werden.
Auch stehen Vorwürfe im Raum, dass Ungarn Migranten absichtlich durchwinke. Premier Viktor Orbán revanchiere sich bei der EU, nachdem diese wegen der diskriminierenden LGBTIQ-Regelungen ein Verfahren gegen Ungarn eingeleitet habe. Österreichische Behörden, die mit Ungarns Polizeikräften zusammenarbeiten, dementieren das: Ungarns Exekutive würden nach wie vor gründlich vorgehen und selbst kurz vor Österreichs Grenze noch Migranten abfangen.
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