Die Burschen also: Wann immer man sich mit Sebastian Kurz in der jüngeren Vergangenheit vertraulich und länger als eine halbe Stunde unterhalten hat, kam irgendwann ein Punkt, an dem der Kanzler die Burschen erwähnte. Meist lobend, mitunter fast staunend.
Mit den Burschen ist seine engste Entourage gemeint. „Ich habe gerne Menschen um mich, die etwas besser können als ich selbst“, hat Kurz vor Monaten zum Autor dieser Zeilen gesagt.
Und selbst wenn da durchaus Koketterie mitschwingt, bleibt es ein Faktum: Macht und Erfolg des türkisen Parteichefs lassen sich nicht ohne die ihm persönlich loyal ergebene Truppe erklären.
„Mit dem jüngsten Kanzler aller Zeiten wurde eine Gruppe aus jungen, extrem ehrgeizigen und nach allen Jahren fest zusammengeschweißten Neokonservativen direkt in die Schaltzentrale der Republik gespült“, befundet der frühere KURIER- und nunmehrige Krone-Redakteur Klaus Knittelfelder. Er hat der These, dass man das politische Phänomen Sebastian Kurz nur über dessen Mitarbeiter versteht, ein ganzes Buch gewidmet.
Wer sind diese Herren, die sich selbst als „Prätorianer“ bezeichnen und ins Visier der Justiz geraten sind?
Die Nicht-Buberlpartie
Zunächst gilt festzuhalten: Mit der „Buberlpartie“ eines Jörg Haider ist die Mannschaft nur bedingt vergleichbar. Haider rekrutierte seine Sekretäre en passant auf dem Tennisplatz oder Kreuzschiff. Und bei den „stolzen Kofferträgern“ (Peter Westenthaler über sich selbst) wurden weder politische Erfahrung noch eine gediegene Ausbildung vorausgesetzt. Dafür schmückte man sich – kaum im Amt – mit teuren Uhren und feinem Zwirn.
Kurz’ Truppe ist das Gegenteil: Fast alle engen Mitarbeiter kennen einander seit Jahrzehnten aus der Uni-Politik oder der jungen ÖVP. Sie sind bestens ausgebildet. Und auf Statussymbole legen sie wenig Wert – immerhin fliegt der Chef ja auch vorzugsweise Economy.
Kurz engster und wichtigster Berater, Stefan Steiner, wird intern „the Brain“ genannt und ist der Vater des Slogans „Integration durch Leistung“. Der ausgebildete Völkerrechtler spricht fließend Türkisch (er ist in Istanbul aufgewachsen), war Chef-Verhandler bei den Regierungsgesprächen und gilt als der, der strategisch und juristisch die Linie vorgibt. Von Steiner ist überliefert,
er habe dem damaligen Integrationsstaatssekretär Kurz 2015 geraten, besser nicht zum Westbahnhof zu fahren, um die ankommenden Flüchtlingszüge zu begrüßen.
Die Justiz hat Steiner – wie auch bei Pressesprecher Johannes Frischmann und Medien-Beauftragtem Gerald Fleischmann – im Verdacht, in Malversationen wie Untreue und Bestechung und Bestechlichkeit verwickelt zu sein.
Neben Steiner ist Kabinettschef Bernhard Bonelli der engste Berater des Kanzlers. 2005 lernten Kurz und der spätere Unternehmensberater Bonelli einander kennen, als sie in einem geborgten BMW als Fahrgemeinschaft nach Alpbach fuhren.
Kurz wurde Jahre später Bonellis Trauzeuge, heute ist der Mann mit mehr als 6.000 Nummern im Mobiltelefon zumeist der allererste, den der Kanzler frühmorgens anruft.
Geht es um den „Verkauf“, also die Kommunikation von Politik nach außen, stehen die Pressemenschen Frischmann und Fleischmann an vorderster Front.
Ihre Lust zur Arbeit und Kontrolle ist – wie im Übrigen bei allen anderen Mitgliedern der türkisen Kern-Truppe – unbestritten.
Frischmann hat Tage, an denen er mehr als 300 (!) Telefonate erledigt. In der türkis-blauen Regierung ging die „Message Control“ so weit, dass nicht nur alle Interviews von ÖVP-Ministern, sondern auch viele der freiheitlichen Regierungsmitglieder von Frischmann und Fleischmann freigegeben wurden.
Die Liste der Kurz-Berater wäre nicht annähernd vollständig, würde man auf dieser nicht auch Markus Gstöttner (stv. Kabinettschef) Generalsekretär Axel Melchior und Finanzminister Gernot Blümel erwähnen. Blümel und Melchior kennen den Kanzler aus der gemeinsamen Zeit in der Innenstadt-ÖVP, man fährt gemeinsam auf Urlaub.
Gegen Bonelli und Blümel laufen ebenfalls Ermittlungen, allerdings in anderen Verfahren als gegen Frischmann, Fleischmann und Steiner. Gstöttner und Melchior sind nicht betroffen.
Die Frage ist, was noch kommt. Denn von den belastenden Chat-Nachrichten des gefallenen Kurz-Vertrauten und ÖBAG-Chefs Thomas Schmid sind längst nicht alle ausgewertet.
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