Der Weg aus dem 4. Lockdown
Wie geht es weiter? Es ist diese so simpel anmutende Frage, die die Regierungsspitze am Montag umtrieb. Der Kanzler und drei Minister saßen mit Vertretern von Sozialpartnerschaft, Industrie und Wissenschaft beisammen, man zog Bilanz über die erste Phase des vierten Lockdowns.
Eine gute Nachricht und viele offene Fragen nach dem Lockdown-Gipfel
Eine zart positive Nachricht gab es von den Experten: Es bestehe die Hoffnung, dass bei der Zahl der Ansteckungen der Höhepunkt überschritten worden ist. Denn der Trend weist nach unten. Zwar nur sanft, aber immerhin. Für eine Entwarnung oder gar eine Garantie, dass mit 12. Dezember der Lockdown enden kann, ist es viel zu früh. Unter den gegebenen Umständen scheint das wahrscheinlichste Szenario eine vorsichtige Öffnung ab 13. Dezember.
Sollte diese tatsächlich möglich sein, wird sie jedenfalls ein politisches Hasardspiel. Warum? Ein Teilnehmer der gestrigen Sitzung im Kanzleramt beschreibt das Dilemma so: „Die Intensivstationen werden am 13. Dezember immer noch am Limit arbeiten, weil die Ansteckungen verzögert dort landen.“ In dieser Phase aufzumachen sei schwer zu argumentieren. „Vor allem gegenüber den betroffenen Spitälern.“
Welche Varianten sind denkbar, um den allgemeinen Lockdown zu beenden?
Der KURIER bietet einen Überblick:
Der Lockdown geht nach dem 12. Dezember auch für Geimpfte weiter
Dieses Szenario ist aus mehreren Perspektiven unwahrscheinlich. Grundsätzlich will niemand der Bevölkerung und der heimischen Wirtschaft einen Lockdown länger als irgendwie nötig zumuten. Bei dem Treffen am Dienstag haben sich vor allem auch die Sozialpartner dafür ausgesprochen, dass man in Sachen Impfung nun endlich so weit kommen muss, dass kein weiterer Lockdown mehr nötig ist. Von einzelnen Teilnehmern wurde die These vertreten, dass das gute Gesundheitssystem mit „verantwortlich“ für die niedrige Impfquote ist. Wie das? Im Wesentlichen geht es um die Haltung „Wenn mir etwas passiert, dann bin ich eh bestens versorgt.“ Diese Haltung ist in Ländern mit schlechter medizinischer Versorgung weniger ausgeprägt.
Das Lockdown-Ende für Geimpfte könnte kurzfristig eine Motivation zum ersten Stich sein. Positiv trägt zur möglichen Öffnung auch bei, dass die Booster-Impfung Fahrt aufnimmt. In Wien hatten am Wochenende 20 Prozent der Gesamtbevölkerung den dritten Stich. All das verbessert die Chancen für eine Öffnung ab 12. Dezember.
Der Handel öffnet mit 6. Dezember, damit das Adventsgeschäft anläuft
Diese Variante propagieren unter anderem die Neos, und sie hätte den „Vorzug“, dass die für den Handel wichtigste Umsatzphase des Jahres (Stichwort: Weihnachtseinkäufe) dann doch noch stattfinden könnte – zumal die Interessenvertreter der Arbeitnehmer ja sogar durchblicken haben lassen, dass eine Sonntagsöffnung unter bestimmten Umständen einmalig denkbar wäre.
Das Problem ist nur: Realpolitisch ist diese Variante de facto ausgeschlossen.
In der Regierung und der entsprechenden Parlamentsmehrheit besteht mittlerweile Konsens darüber, dass der auf vorerst zehn Tage angelegte Lockdown um weitere zehn Tage verlängert werden soll. Bereits am Dienstag soll die Verlängerung im Hauptausschuss des Parlaments beschlossen werden. Und das bedeutet im Umkehrschluss: Vor 12. Dezember gibt es sicher keine Öffnung.
Differenzierte Öffnung nach Bundesländern
Man kennt das Vorgehen aus vorangegangenen Lockdowns: Der Bund gibt ein Mindestmaß an Maßnahmen vor, den Bundesländern steht es frei, diese zu verschärfen. Wien hat von der Möglichkeit weidlich Gebrauch gemacht und zumindest bei der Zahl der Neu-Infektionen und auch in den Spitälern vorerst spürbar profitiert.
Dieses Szenario ist ein durchaus wahrscheinliches, Oberösterreich hat ja bereits entschieden, den Lockdown um zumindest eine Woche zu verlängern. Für Wien hat Gesundheitsstadtrat Peter Hacker angekündigt, dass nach dem Lockdown-Ende generell 2G+ gelten soll – also die Kombination aus Impfung und PCR-Test.
Zudem wäre möglich, dass es Sonder-Erleichterungen für einige Bundesländer gibt, die besonders gut abschneiden.
Auch das gab es schon: Im Frühjahr durfte die Gastronomie in Vorarlberg öffnen, während sie in Rest-Österreich geschlossen hielt. Die derzeitigen Entwicklungen bieten Anlass, in diese Richtung zu denken: „Aktuell geht die Zahl der positiv Getesteten bereits hinunter – allerdings regional unterschiedlich stark“, sagt der Mathematiker und Simulationsexperte Niki Popper im Gespräch mit dem KURIER.
Bundeseinheitliche Öffnungsschritte – aber sehr vorsichtig abgestuft
Das Modell einer differenzierten Öffnung nach Bundesländern erfreut sich unter den Landeshauptleuten nicht allzu großer Beliebtheit. So hat etwa der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer im KURIER-Interview erklärt, er sei eher für ein bundesweit einheitliches Modell. So habe sich bei der (Nacht-)Gastronomie und im Handel gezeigt, dass die Bevölkerung in grenznahen Regionen in jenes Bundesland ausweicht, wo die Geschäfte und Lokale bereits offen sind.
Denkbar wäre, dass Länder schrittweise synchron öffnen. Besonders strenge Regelungen könnte es jedenfalls bundesweit in der Nacht-Gastronomie geben.
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